Künstliche Intelligenz im Planungs- und Baubereich (KI-Grundlagen für Architekt:innen)

Künstliche Intelligenz (KI) erlebt derzeit einen rasanten Aufschwung. Für Planerinnen und Planer ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten, aber auch die Frage: Wo soll ich anfangen? Dieser Beitrag soll dazu beitragen, etwas Licht in den KI-Dschungel zu bringen.

KI explodiert. Was bedeutet das für Planungsbüros?

Generative KI, Sprachmodelle und Prompts

Zunächst etwas Vokabular: Der Begriff “Generative KI“, der uns in den letzten Monaten immer häufiger begegnet, steht für die Fähigkeit von Software, eigenständig neue Inhalte wie Texte oder Bilder zu erzeugen. Zum Teil auch schon Varianten von Baukörpern oder Grundrissen, wie wir später sehen werden.

Die so genannten “Sprachmodelle“, auf denen Werkzeuge wie Chat GPT basieren, wurden mit großen Mengen von Textdaten trainiert. Sie können Texte durchsuchen und analysieren, vor allem aber können sie Texte in verblüffend menschenähnlicher Weise neu erstellen.

Prompts” sind Textanweisungen, mit denen die Interaktion zwischen Mensch und Maschine in fast allen KI-Tools funktioniert. Meist ähneln sie einfachen Eingabefeldern wie beim SMS-Versand, in komplexeren Programmen können die Eingaben zusätzlich mit Schiebereglern oder Checkboxen verfeinert werden.

Von der Bauherren-E-Mail bis zur Machbarkeitsstudie

Die Einsatzmöglichkeiten von KI in der Planung sind vielfältig. Sie reichen schon heute von einfachen, aber sehr nützlichen Textaufgaben wie dem Verfassen von E-Mails bis hin zur automatisierten Erstellung von Machbarkeitsstudien oder der Überwachung des Bauprozesses.

Bei aller Begeisterung für die schöne neue Welt sollte jedoch klar sein: Auch KI-Systeme können Fehler machen. Bei maschinell generierten Texten spricht man von “Halluzinationen”, wenn sich die Software von den Fakten löst und Dinge erfindet. Und in KI-generierten Bildern können immer wieder sogenannte “Artefakte” auftreten: Auffälligkeiten, die nichts mit der Realität zu tun haben.

Schon deshalb wird künstliche Intelligenz Planerinnen und Planer nicht überflüssig machen. Die Verantwortung für die Ergebnisse bleibt beim Menschen. Und dieser muss nicht nur wissen, wie er die Maschine optimal füttert (durch sinnvolle Eingabeaufforderungen, siehe oben), sondern auch die Ausgabe sorgfältig kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren.

Ebenfalls wichtig bei der Arbeit mit KI: Läuft die Software auf dem Server eines kommerziellen Anbieters (was meistens der Fall ist), kann alles, was wir eingeben, weiterverwendet werden! Es empfiehlt sich daher, mit persönlichen Daten, internen Informationen, Kundeninformationen etc. vorsichtig umzugehen.

Unsere neue Kulturtechnik: Prompten
Fünf Tipps für gute Prompts

  1. Vermeiden Sie Missverständnisse durch klare Formulierungen.
  2. Geben Sie genaue Anweisungen bezüglich des gewünschten Textinhalts, Stils oder Tonfalls.
  3. Stellen Sie genügend Informationen bereit, damit die KI den Text / das Bild besser generieren kann.
  4. Veranschaulichen Sie Ihre Erwartungen durch Beispiele, um den gewünschten Stil oder die Struktur zu verdeutlichen.
  5. Bei Text-Tools: Geben Sie nach der Antwort Feedback, um die Ausgabe zu verbessern und den Text erneut generieren lassen.

Text-zu-Text-Generatoren

Diese Generatoren verwenden komplexe Algorithmen und neuronale Netze, um bestehende Texte zu analysieren und neue Texte zu generieren. Sie wurden mit Hilfe von Trainingsdaten – Millionen von Websites, Büchern, Lexikoneinträgen usw. – angelernt, deren Struktur, Stil und Vokabular sie gespeichert haben. Auf der Grundlage dieses “Wissens” können sie neue Texte generieren, die den gelernten Mustern ähneln.

Bekannte Text-zu-Text-Generatoren

  • ChatGPT von OpenAI: Derzeitiger Marktführer, vielseitig einsetzbar für Textgenerierung und -analyse.
  • Microsofts Chatbot in Bing und Skype: Basiert auf ChatGPT, spezialisiert auf Suchanfragen und Kommunikation.
  • Google Bard: Derzeit noch in der Beta-Phase und (zumindest in den Tests des Autors) noch nicht so hilfreich wie ChatGPT.
  • LLaMA von Meta (dem Konzern hinter WhatsApp, Instagram und Facebook): Richtet sich vor allem an Forschende. Besonderheit: Kann heruntergeladen und lokal betrieben werden, daher u. U. für datenschutzkritische Anwendungen interessant.

Anwendungsbeispiele im Detail

  • E-Mails & Briefe: Automatische Formulierung von E-Mails und Briefen auf Basis weniger Stichworte und Fakten – hilfreich und zeitsparend z. B. bei der Kommunikation mit Bauherren, Behörden oder anderen Projektbeteiligten.
  • Textanalyse und -optimierung: Die Generatoren können große Textmengen analysieren, umschreiben, gezielt nach Daten suchen oder die wichtigsten Punkte zusammenfassen.
  • Unterstützung beim Brainstorming: KI-Tools entwickeln Ideen zu beliebigen Themen, was besonders in der Konzeptphase hilfreich sein kann.
  • Marketing: Erstellung von Projektbeschreibungen, Website-Texten, Social-Media-Beiträgen, Pressemitteilungen und anderen Texten für das Büro-Marketing und die eigene Öffentlichkeitsarbeit.
  • Dokumentation: Automatische Erstellung von Fachtexten wie Bedienungsanleitungen, Handbüchern und technischen Dokumenten.

Der Produktivitätsturbo: Erweiterung durch Plugins

Die Grundfunktionalität von Text-zu-Text-Generatoren kann durch verschiedene Plugins, also Zusatzsoftware, erweitert werden. Zwei Beispiele, die für eine enorme Zeitersparnis bei üblichen Bürotätigkeiten sorgen:

  • Das ChatGPT-Plugin “AskYourPDF” ermöglicht das Auslesen und Analysieren von PDF-Dokumenten.
  • Oder: Mit dem Plugin “Make A Sheet” können ChatGPT-Ergebnisse in Tabellenform als CSV-Datei ausgegeben werden, was für die Weiterverarbeitung in Excel und Co. sehr nützlich sein kann.

Text-zu-Bild-Generatoren

KI-generierte Bilder können – die richtigen Prompts vorausgesetzt – buchstäblich in Sekunden visuelle Prototypen und 3D-Visualisierungen erzeugen. Damit können gerade in frühen Planungsphasen die eigenen Ideen und Konzepte in (auch für Laien) leicht verständliche Bilder verwandelt werden und unterstützen so die interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Besonders beim Büro-Marketing lassen sich die durch künstliche Intelligenz generierten Grafiken vielfältig einsetzen, von der eigenen Website und Social Media bis hin zu Broschüren, Projektpräsentationen und Wettbewerbsunterlagen.

Wie funktioniert der Bilderzauber?

Text-zu-Bild-Generatoren wurden mit Milliarden von Text-Bild-Paaren trainiert und wandeln Texteingaben in visuelle Darstellungen um. Besonders bei gestalterisch freien Aufgaben (siehe unten) können sie im Büroalltag viel Zeitaufwand sparen.

Einige Angebote wie DALL-E, Stable Diffusion, Ideogram AI, Adobe Firefly können ohne weitere Installation über die Websites der jeweiligen Anbieter genutzt werden. Andere, insbesondere das für seine hohe Darstellungsqualität bekannte Midjourney, sind über die Messenger-App Discord zugänglich.

Mit Stable Diffusion gibt es auch unter den Bildgeneratoren ein Tool, das mit etwas IT-Grundkenntnissen auch lokal auf dem eigenen Rechner (und damit wesentlich performanter!) betrieben werden kann. Die Software wurde maßgeblich von Forschenden der LMU München mitentwickelt und steht unter einer Open-Source-Lizenz zur Verfügung.

Künstliche Intelligenz kann in kreativen Prozessen unterstützen, vor allem aber durch die schnelle Durchführung von Routineaufgaben (Screenshots: ChatGPT, Midjourney / Eric Sturm)

Künstliche Intelligenz kann in kreativen Prozessen unterstützen, vor allem aber durch die schnelle Durchführung von Routineaufgaben (Screenshots: ChatGPT, Midjourney / Eric Sturm)

Wo liegen die Grenzen von Midjourney & Co.?

Da die Text-zu-Bild-Generatoren ihre Fähigkeiten mit “Trainingsdaten” aus dem Internet erlernt haben, ist die Frage des Urheberrechts an dem zugrundeliegenden Bildmaterial nicht immer geklärt. Dies sollte bei der Verwendung der generierten Bilder bedacht werden. Im Klartext heißt das zum Beispiel: Auch wenn es verlockend ist, den Stil oder das Design eines anderen per Prompt zu imitieren, sollte man dies besser nicht tun.

Ein anderes Thema ist die Genauigkeit, auf die es Planen und Bauen fast überall ankommt. Unglücklicherweise ist dies ein Bereich, den Text-zu-Bildgeneratoren (noch) nicht so gut beherrschen. Ihre visuelle Ausgaben stimmen selten zu 100% mit den Texteingaben überein, insbesondere bei sehr detaillierten oder abstrakten Beschreibungen. Um gute Ergebnisse zu erzielen, sind daher gut formulierte Prompts, Geduld und viel “Trial & Error” erforderlich.

Übrigens: Ideen für geeignete Prompts (z. B. für Visualisierungen von Bauprojekten) können Sie sich auch von ChatGPT vorschlagen lassen.

Text-zu-Architektur-Generatoren? Was jetzt schon möglich ist.

Auch bei den Generatoren für konkrete Aufgaben beim Planen und Bauen tut sich schon einiges, vor allem international: Viele neue Tools für Standortanalysen oder zur Erzeugung von Grundrissvarianten kommen aus den USA, Skandinavien, Israel oder Asien. Anpassungen für den DACH-Raum sind noch nicht überall verfügbar, aber es gibt Ausnahmen.

Im Folgenden einige Beispiele für KI-unterstützte Software, die schon heute beim Planen und Bauen unterstützen kann. Alle genannten Tools finden Sie in meiner kommentierten Linkliste KI-Tools im Überblick.

Grundlagenermittlung und Vorplanung: KI-Tools wie “syte” führen Datenanalysen durch, um die Eignung verschiedener Baugrundstücke zu bewerten. Autodesk Forma geht noch einen Schritt weiter und produziert umfassende Standortbewertungen mit KI-Unterstützung. Dabei werden Nutzungspotenziale und Umweltfaktoren wie Licht, Wind und Sonne berücksichtigt. Tools wie cove und Preoptima erstellen eine frühzeitige Berechnung des CO2-Fußabdrucks eines Gebäudes, hilfreich für den Nachweis der Nachhaltigkeit.

Entwurfs- und Genehmigungsplanung: Finch 3D oder Swapp unterstützen Planungsbüros mit der automatisierten Erstellung von Grundrissvarianten und berücksichtigen dabei baurechtliche Vorgaben. Und Veras, ein Plugin für Revit, Rhino oder Sketchup, erzeugt aus groben 3D-Modellen in kurzer Zeit sehenswerte Renderings, die für Präsentationen oder Bauherrengespräche verwendet werden können.

In der Ausführungsplanung, insbesondere beim Bauen im Bestand, können KI-Tools wie Aurivus und Luma AI den Planungsprozess durch Scan-to-BIM- und Photo-to-3D-Object-Funktionen erheblich beschleunigen. Sie scannen bestehende Gebäude, Innenräume oder einzelne Objekte und wandeln sie in digitale Modelle um.

Während KI-Tools für Ausschreibung und Vergabe noch nicht verfügbar sind, kann KI schon jetzt bei der Vorbereitung und Strukturierung von Texten helfen: Textgeneratoren wie ChatGPT können beispielsweise bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen oder der Prüfung von Angeboten unterstützen.

Bei der Objektüberwachung und Dokumentation leisten KI-Tools wie SiteSense und AI Clearing bereits wertvolle Dienste. Sie überwachen den Baufortschritt und führen Qualitätskontrollen durch, zum Beispiel durch Bildanalyse. Es ist absehbar, dass KI in Zukunft auch bei der Überwachung des Gebäudebetriebs und des Energieverbrauchs eine wichtige Rolle spielen wird.

Fazit: KI in Architektur & Bauwesen

Die Anwendung von KI in der Architektur und im Bauwesen entwickelt sich schnell und hat ein enormes Potenzial. Die Technologie kann nicht nur Arbeitsprozesse optimieren und automatisieren, sondern auch die Qualität der geleisteten Arbeit verbessern und uns helfen, innovative Lösungen zu entwickeln. Entscheidend bleibt aber – wie bisher – die Kreativität bei der Auswahl der jeweiligen Werkzeuge, die Präzision bei der Umsetzung und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Technik.

Podcast-Tipps zu KI und Architektur

Für alle, die sich tiefer mit dem Thema künstliche Intelligenz in der Architektur und im Baubereich beschäftigen möchten, gibt es eine Reihe von empfehlenswerten Ressourcen:

  • Das KI-Update – ein Heise-Podcast: werktägliche (!) News zu KI-Themen
  • KI verstehen (Deutschlandfunk): Ein Podcast, der KI aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
  • 11KM: der tagesschau-Podcast: Eine Folge beschäftigt sich mit dem Thema “Plötzlich im Datensatz. Wenn die KI mit Dir trainiert”.
  • Neues Bauen – der Podcast über die Veränderung in der Architekturbranche: Folge #004 “KI und Architektur – was kommt auf uns zu?” mit Prof. Dr. Thomas Wortmann von der Universität Stuttgart. (Tipp: Diesen Podcast finden Sie auch in unserem Architektur-Podcast-Verzeichnis 😉)

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Fachzeitschrift Planungsbüro professionell, Ausgabe Oktober 2023.

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