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Das Bauen im Bestand ist weitaus komplexer und anspruchsvoller als der Neubau auf der grünen Wiese: Es ist immer die vorhandene Bausubstanz mit zu berücksichtigen und in die Umplanung mit einzubeziehen. Der Architekt ist also gut beraten, wenn er den Bestandsbau noch vor Planungsbeginn möglichst umfassend und präzise dokumentiert hat. Mit dem 3D-Laserscanning ist es möglich geworden, selbst große und komplexe Strukturen höchst genau und verformungsgerecht zu dokumentieren.
Die Genauigkeit dieser Messdaten beträgt für mittlere Messdistanzen nur ein paar Millimeter. Laserdaten bestehen aus Graustufen, die die Intensitätswerte der Reflexion von den durch den Laserstrahl abgetasteten Oberflächen darstellen. Die im 3D-Scanner eingebaute Farbkamera liefert bei Bedarf auch kolorierte Scans, was eine sehr realitätsnahe Analyse der Gebäudedaten ermöglicht.
Aktuelle Laserscanner messen bis zu 1 Mio. Koordinatenpunkte in der Sekunde. Sie erzeugen bei jedem Scanvorgang ein 360° Panorama mit 30-40 Mio. Messpunkten und erzeugen damit ein vollständiges Abbild aller jeweils sichtbaren Oberflächen.
Die nicht sichtbaren Rückseiten von Objekten oder Wänden des Erstscans werden dann von einem neuen Standort aus gescannt, so dass Mess-Schatten minimiert werden. Durch die lagerichtige Verknüpfung dieser Einzelscans entsteht so sukzessive das 3D-Gebäudemodell als Punktwolke. Dieses kann je nach Objektgröße mehrere hundert Einzelscans beinhalten.
Analysen mit der Viewer Software
Zunächst besteht die Möglichkeit, die Laserscandaten als hochaufgelöstes 360° Fotopanorama in der Viewer Software zu betrachten. Diese kann von beliebig vielen Projektbeteiligten kostenlos installiert und eingesetzt werden.
Im Hintergrund des Panoramafotos werden hierbei alle dreidimensionalen Messwerte geladen. Dadurch können Sie nun Abstandsmessungen an beliebigen Objekten durchführen, Höhenlagen beliebiger Bauteile ermitteln und Konstruktionen durch räumliche Drehung analysieren. So kann zum Beispiel ein von vorne aufgenommener Treppenlauf seitlich gedreht werden, um die exakte Geometrie der Tritt- und Setzstufen zu erkennen.
Ein weiterer Mehrwert, der mit keiner anderen Messtechnik zu erreichen ist, besteht darin, das gesamte Gebäude zu durchfliegen und gewünschte Teilbereiche freizustellen. So überprüfen Sie z.B. den Verlauf eines Unterzuges, indem Sie ihn losgelöst von der Umgebung betrachten und sofort Durchbiegungen oder Verkippungen erkennen. Sollen Unebenheiten von Fußböden oder Wänden ermittelt werden, so besteht die Möglichkeit, Ebenen einen Farbverlauf zuzuordnen, der millimetergenau Aufschluss gibt über Hoch- und Tiefpunkte in dieser Fläche.
Diese transparente Objektdokumentation hilft entschieden dabei, kritische Detailpunkte im Gebäude frühzeitig zu erkennen und noch während der Planung zu lösen – und nicht erst in der Bauphase, was dann den Bauablauf behindern würde und Mehrkosten verursachen kann.
2D-Pläne
Der wesentliche Bestandteil eines jeden Aufmaßes ist die Planerstellung in Form von Grundrissen, Schnitten und Ansichten. Der große Vorteil des 3D-Aufmaßes liegt darin, dass ähnlich wie bei der Computertomographie beliebige 2D-Schnitte aus der Punktwolke generiert werden können. Dadurch erhält der Planer hochaufgelöste Orthofotos von beliebigen Stellen des Gebäudes. Seien es Grundrisse in definierten Höhenlagen, Vertikalschnitte mit frei wählbaren Ansichtstiefen oder verformungsgerechte Fassadenansichten. Diese maßstabsgetreuen Messbilder importieren Sie in Ihr CAD-System und überzeichnen diese, so dass als Endergebnis der gewünschte 2D-Plan vorliegt.
3D-Gebäudemodelle
Immer mehr an Bedeutung gewinnt das Building Information Modeling (BIM) im Bauwesen auf Grundlage einer dreidimensionalen CAD-Planung. Dieses Verfahren erstellt den digitalen Gebäudezwilling mittels Bauteilmodellierung und datenbankbasierten Elementen, welche beliebige Attribute zu Massen, Eigenschaften, Kosten oder Zeiten enthalten können. Noch vor Baubeginn prüfen alle beteiligten Fachplaner das integrale Modell auf geometrische Kollisionen. In einigen Ländern für die Baueingabe bereits gefordert, wird sich das intelligente Gebäudemodell mittelfristig auch in Deutschland durchsetzen. Denn der Informationsgehalt der dokumentierten Immobilie ist beim BIM viel höher und wertvoller als bei reinen 2D-Strichzeichnungen. Das gilt für den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes von der Planung über den Bauprozess und Betrieb mit Facility Management-Auswertung bis hin zum Abriss.
Es liegt nahe, die dreidimensionalen Inhalte des Laserscanning-Aufmaßes direkt in der BIM-Software nutzen zu wollen. Genau das ist in den letzten Jahren aufgrund leistungsfähiger Rechner-Hardware und optimierten Softwareanpassungen möglich geworden. Ob Autocad, Revit, Archicad oder Vektorworks, immer mehr CAD-Lösungen ermöglichen nun den direkten Import der Punktwolke als Ausgangsbasis für die eigene hochgenaue 3D-Modellierung beim Bauen im Bestand.
Fazit
Das 3D-Laserscanning ist ein mächtiges Tool für die akkurate Bestandsaufnahme und hilft dabei, wirtschaftlicher zu planen und zu bauen. Besonders für die 3D- und BIM- Planung im Bestand stellt das Laserscanning eine verlässliche Grundlage dar, um Planungsfehler zu vermeiden und Haftungsrisiken zu senken.
Über den Autor
Johannes Rechenbach ist Architekt in Hannover. Mit seinem Büro Laser-Scanning-Architecture (LSA) bietet er Laserscanning-Dienstleistungen vom Support über das 3D-Aufmaß bis hin zur fertigen CAD-Übergabe an. Er hat in den letzten 8 Jahren fast 300 individuelle Objekte gescannt und dokumentiert, sowie zahlreiche Vorträge gehalten. Seine Homepage www.LSA3D.com informiert über die 3D-Vermessung mit vielen Anwendungsbeispielen. Er benutzt FARO Laserscanner und Software.
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