Fünf Trends für die Zukunft des AECO-Sektors

Ein Gastbeitrag von Patrik Heider, Thinkproject

Papier ist geduldig, aber nicht so flexibel wie digitale Planungstools. ArchitektInnen verlegen ihre Arbeit zunehmend vom Reißbrett an den Bildschirm, denn Bauprojekte werden durch digitale Tools zuverlässiger und nachhaltiger. Aktuell lassen sich dabei fünf große Trends beobachten, die in den nächsten Jahren die Branche prägen werden.

Die Ergebnisse der Google-Bildersuche für „Architekt“ zeigen überwiegend Personen, die über Gebäudeplänen auf Papier oder neben physischen Gebäudemodellen posieren. Viele ArchitektInnen arbeiten tatsächlich noch so. Nur etwa die Hälfte der deutschen ArchitektInnen nutzt beispielsweise digitale 3D-Modelle.

Lange Zeit gab es wenig Anreize, digitaler zu werden. Doch das ändert sich gerade. Um international auf Augenhöhe zu bleiben, muss die Digitalisierung voranschreiten. Die AECO-Branche im Vereinigten Königreich hält sich bereits seit Jahren an Regeln, die Building Information Modeling (BIM) in Bauprojekten vorschreiben.

Auch bei dem Ende 2020 fertig gestellten Krankenhaus Isabel Zendal in Madrid spielten BIM und CDE ihre Vorteile aus. (Foto: Thinkproject)

Auch bei dem Ende 2020 fertig gestellten Krankenhaus Isabel Zendal in Madrid spielten BIM und CDE ihre Vorteile aus (Foto: Thinkproject)

Von diesem datenbasierten Ansatz profitieren dank eines verbesserten Informationsmanagements sowie einer genaueren Kosten- und Ressourcenplanung alle Projektbeteiligten. Zum Beispiel ArchitektInnen: Sie rechnen ihre Leistungen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ab. Laut der Verordnung dürfen sie jedoch Nacharbeiten nicht separat in Rechnung stellen.

Mit einem Common Data Environment (CDE) mit angeschlossenem BIM stehen alle Daten in einer Single Source of Truth (SSOT) jederzeit zur Verfügung. Bauprojekte können dadurch von Beginn an effizienter und nachhaltiger geplant und umgesetzt werden. Aktuell zeichnen sich im AECO-Sektor fünf Trends ab, die sowohl Bedarf an als auch den Mehrwert von digitalen Technologien verdeutlichen.

Mobile Endgeräte erobern die Baustelle

Privat sind wir es gewohnt: Mobile Endgeräte sind ein fester Bestandteil des Lebens vieler Menschen. Auch auf einigen Baustellen haben diese bereits Einzug gehalten und viele andere Projekte werden folgen. Geräte wie Tablets sind Werkzeuge, um Ist-Zustände direkt vor Ort zu dokumentieren und mit den Soll-Zuständen zu vergleichen.

Geräte wie Tablets sind Werkzeuge, um Ist-Zustände direkt vor Ort zu dokumentieren und mit den Soll-Zuständen zu vergleichen (Foto: Thinkproject)

Geräte wie Tablets sind Werkzeuge, um Ist-Zustände direkt vor Ort zu dokumentieren und mit den Soll-Zuständen zu vergleichen (Foto: Thinkproject)

Selbst Projektpartner, die nicht physisch präsent sind, erhalten so schneller die Informationen über die Fortschritte oder mögliche Engpässe. Voraussetzung dafür ist, dass die Daten auf einer gemeinsamen Plattform in der Cloud geteilt werden, die eine Mobile-first-Strategie unterstützt. So stehen auch im Architekturbüro alle Informationen ohne Fahrtwege oder Übertragung handschriftlicher Notizen zur Verfügung und Anpassungen erfolgen schneller.

Durch Prozessautomatisierung Freigaben beschleunigen

Gerade an Großprojekten beteiligen sich viele Unternehmen und noch mehr Personen. Sie alle müssen sich an Prozesse halten, die strikten Regeln und hohen Anforderungen unterliegen. Diese Abläufe erfolgen heutzutage oft manuell. Dadurch sind sie anfällig für Verzögerungen, denn Menschen können Termine vergessen oder E-Mails bleiben liegen. Manche Freigaben laufen noch postalisch ab. Ein Brief benötigt jedoch Zeit und geht im schlimmsten Fall auf dem Postweg verloren.

Um Freigaben zu beschleunigen und sie zuverlässiger abzuwickeln, werden Prozesse zunehmend automatisiert. Die Maschine vergisst keine Termine und lässt keine E-Mails liegen. Wenn ein Mensch etwas bestätigen oder freigeben muss, dann verschickt das System eine Benachrichtigung. Die Verantwortlichen können ihre Aufgaben sowie die dafür notwendigen Informationen im System einsehen und mit minimalem Aufwand Freigaben erteilen. Zusätzlich sehen die Beteiligten, wie weit ein Prozess fortgeschritten ist und welche Aufgaben als Nächstes anstehen.

Langfristig werden immer mehr Workflows von diesem Trend eingeschlossen. Die zusammenarbeitenden Unternehmen verwenden jedoch aktuell häufig verschiedene Systeme. Deshalb stehen in der Praxis die Projektträger vor der Wahl, eigene Schnittstellen zwischen den Programmen zu entwickeln oder eine CDE-Plattform zu adaptieren, die einen OpenBIM-Ansatz unterstützt.

Den Datenschatz heben

Bei jedem Projekt entsteht ein umfangreicher Datenschatz. Um diesen zu heben, müssen die Informationen allerdings in der richtigen Form vorliegen: Analog oder in Silos voneinander getrennt, bleibt ein großer Teil des Potenzials verborgen. Deshalb erheben Sensoren und Menschen auf der Baustelle die Daten digital, wenn möglich in Echtzeit.

In einem CDE werden sie dann mit anderen Informationen zusammengeführt. Daraus ergibt sich ein klares Bild des Projekts. Materiallieferungen werden nachverfolgt und mit Verbrauchsanalysen referenziert. Über Ist-Soll-Vergleiche lassen sich die Auslastung und der Einsatz einzelner Teams steuern. So können Chancen frühzeitig erkannt und genutzt oder Risiken vermieden werden.

Mit künstlicher Intelligenz den Überblick im Datendschungel behalten

Dass Daten wertvoll sind, liegt auf der Hand. Aber je mehr Daten erhoben werden, desto schwieriger ist es, sie alle in die Analysen einzubeziehen. Menschen stoßen schnell an die Grenzen ihrer „Rechenleistung“.

Eine künstliche Intelligenz (KI) ist in ihrer Rechenleistung nur durch die Leistungsfähigkeit der Hardware begrenzt, dabei verdoppelt sich die Leistung großer KI-Projekte etwa alle drei Monate. Über maschinelles Lernen (ML) kann man der KI beibringen, die Daten zu selektieren und aufzubereiten. Diese Selektion wird zukünftig immer wichtiger für die Identifizierung und Nutzung relevanter Daten. Gleichzeitig erfolgen viele Freigaben nach hochgradig standardisierten Kriterien, die automatisiert erfasst und durch eine KI beurteilt werden können.

Auch die AECO-Industrie muss dringend nachhaltiger werden. BIM und CDE helfen dabei, indem etwa die Umweltbelastung von bestimmten Materialien direkt in die Projektentwicklung einbezogen wird (Foto: Thinkproject)

Auch die AECO-Industrie muss dringend nachhaltiger werden. BIM und CDE helfen dabei, indem etwa die Umweltbelastung von bestimmten Materialien direkt in die Projektentwicklung einbezogen wird (Foto: Thinkproject)

Datengetrieben nachhaltiger bauen

Die AECO-Branche muss, wie andere Wirtschaftszweige auch, nachhaltiger werden. Die Kosten steigen seit Jahren kontinuierlich an und die Umweltbilanz des Sektors ist ausbaufähig. Datengetriebene Ansätze sorgen dafür, dass effizienter und zuverlässiger gearbeitet wird. Warenflüsse lassen sich besser planen.

Die Umweltbelastung von bestimmten Materialien wird in die Projektentwicklung direkt einbezogen. Leistungsfähige 3D-Tools ermöglichen Simulationen, mit denen verschiedene Ansätze simuliert werden können: Wie dick muss eine Wand sein, um die Statik-Anforderung zu erfüllen? Lassen sich Ressourcen einsparen?

Die mithilfe von BIM generierten 3D-Modelle werden im Common Data Environment gespeichert und bleiben wertvoll, nachdem das Projekt fertiggestellt wurde. 80 Prozent der ökologischen Folgen eines Gebäudes entstehen beim Betrieb. Hat der Objekteigentümer einen digitalen Zwilling der Immobilie, kann er über deren gesamte Lebensdauer viele Stellschrauben nachjustieren und an neue Anforderungen anpassen. Soll ein Asset in Zukunft erweitert werden, kann die ArchitektIn wieder auf die BIM-Daten zurückgreifen und die Planung am bestehenden 3D-Modell orientieren.

Fazit

Die AECO-Branche befindet mitten in einer digitalen Transformation. Nicht, weil das gerade „in“ ist, sondern weil es aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll und im internationalen Wettbewerb dringend notwendig ist. Vom Asset-Owner über die ArchitektInnen bis zu den Subunternehmern: Alle Projektbeteiligten sollten sich mit den Chancen auseinandersetzen. Wer sich in den nächsten zwei bis vier Jahren die Zeit nimmt und Maßnahmen kontinuierlich umsetzt, kann ohne großen Druck digitalisieren.

Über den Autor

Patrik Heider, CEO von Thinkproject (Foto: Thinkproject)

Patrik Heider, CEO von Thinkproject (Foto: Thinkproject)

Patrik Heider ist seit April 2021 CEO von Thinkproject, dem führenden europäischen SaaS-Anbieter von Construction Intelligence-Lösungen für Bau- und Ingenieurprojekte mit mehr als 2.500 Kunden und rund 450 Mitarbeiter*innen.

👉🏻 Interessantes Thema? Teilen Sie es mit anderen:

« Zurück zum Webinar-Kalender

Wichtige Hinweise: Die Vollständigkeit und Richtigkeit der hier aufgeführten Daten können wir leider nicht garantieren. Bitte überprüfen Sie alle Angaben immer auf den Seiten der jeweiligen Anbieter. Und: „Internet für Architekten“ ist NICHT der Veranstalter der hier genannten Webinare. Wir weisen hier lediglich auf diese Veranstaltungen hin.

Zur Startseite »

Was ist Ihre Meinung dazu?

Pflichtfelder sind mit * markiert.