Im Rahmen ihrer Masterthesis an der Hochschule Bochum hat Saskja Jagenteufel den Umgang mit Wissen in Architekturbüros untersucht. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit stellt sie in einem zweiteiligen Gastbeitrag auf Internet-fuer-Architekten.de vor. (Zu Teil 1)
Wissensarbeit bedeutet, den Kontakt zwischen den Menschen herzustellen. Sie kann eingesetzt werden, um den Unternehmenswert eines Planungsbüros nachhaltig zu gestalten und Wissensverlusten entgegen zu wirken. Wissensverluste, beispielsweise durch demographische Veränderungen, Verlust von Mitarbeitern oder Fachkräftemangel, können existenzbedrohlich werden und die Wettbewerbsfähigkeit schmälern.
Die vorangegangene Studie hat einen Querschnitt der Situation in den Planungsbüros gezeigt. Nur neun Prozent der befragten Büros nutzen eine Software für Wissensmanagement. Vielen Büros fehlt das Know How, um eine solche Software zu benutzen. Die Befragten wünschen sich eine Stärkung der Teamkultur, welche die Basis darstellt, um auch eine Wissenskultur und eine Bereitschaft der Weitergabe des eigenen Wissens ins Leben zu rufen.
Wissensbeschaffung kostet Zeit und somit dem Unternehmen Geld. Wissen selbst ist allerdings erst dann wertvoll, wenn es nicht einzig für sich alleine benutzt, sondern durch Interaktion mit anderen in Handlungen umgesetzt wird. Neue Mitarbeiter bieten die Chance, neues Wissen in das Büro zu holen und dieses zusätzlich zum bereits vorhandenen Wissen zu nutzen. Insbesondere die Weitergabe von Erfahrungswissen trägt maßgeblich zu einer Effektivitätssteigerung der Mitarbeiter und des Unternehmens bei.
Es gibt kein Patentrezept für gutes Wissensmanagement. Jedes Planungsbüro bietet andere Voraussetzungen und bedarf einer individuellen Untersuchung, ehe Methoden und Maßnahmen ergriffen werden. Ausgangsfragen wie die in der Abbildung bilden Bausteine, die zur Analyse der gegenwärtigen Situation erforderlich sind. Maßnahmen sollten nicht voreilig durchgeführt werden, sondern erst dann, wenn die Beteiligten davon überzeugt sind.
Es gibt zwei Arten von Strategien, die hierbei ergriffen werden können. Kommunikationsstrategien dienen insbesondere dazu, das Erfahrungswissen der einzelnen Personen zu sichern. Viele Architekturbüros verfolgen bereits kommunikative Rituale wie gemeinsame Urlaube, Frühstück, Abendveranstaltungen oder ähnliches. Kommunikationsstrategien müssen verfolgt und ausgebaut werden, um zu einer gut funktionierenden Wissenskultur zu führen. Eine technische Unterstützung ist in vielen Fällen hilfreich. Technische Strategien eignen sich, um Wissen in Dokumenten wie beispielsweise in einem Wiki zu speichern.
Viele Büros haben noch eine hohe Hemmschwelle gegenüber der Nutzung von Software, da häufig die Zeit fehlt, sich ausreichend damit auseinander zu setzen und vor allem auch eine Entscheidung für eine Software aus dem übergroßen Angebot herauszufiltern. Wichtig ist hierbei, dass es einen klar benannten Verantwortlichen gibt, der sich dem Thema annimmt und es nachhaltig verfolgt.
Das Produkt der vorangegangenen Analyse ist ein Methodenfächer, der dabei hilft, Impulse und Inspiration für die Wissensarbeit im eigenen Planungsbüro zu sammeln. In handlicher Form wird ein übergeordneter Überblick der Möglichkeiten komprimiert dargestellt und beidseitig lesbar – unterschieden in Kommunikationsstrategien und technische Strategien – realisiert, ohne sich in die Tiefen des Wissensmanagement einarbeiten zu müssen.
Anhand der Kategorisierung der Methoden in die Kernprozesse von Probst et. al unterliegen die Methoden einer Grobstruktur, die im Methodenfächer anhand einer farblichen Unterscheidung Anwendung findet. Der Fächer ist von zwei Seiten zu lesen und teilt die Methoden in die farblich gekennzeichneten Kategorien Wissen identifizieren und erwerben, Wissen entwickeln und verteilen, Wissen nutzen und aufbewahren ein. Jede Methodenkarte beinhaltet nun ein Szenario, eine Erklärung der dafür geeigneten Methode und die jeweiligen Ziele dieser Strategie.
Wissensmanagement in Architekturbüros: Szenario (Autor: Saskja Jagenteufel)Stellen wir uns folgendes Szenario vor:
Es handelt sich um ein mittelgroßes Architekturbüro mit zwei Inhabern, 25 Mitarbeitern und drei Studenten, die im letzten Jahr stark gewachsen sind. Das Büro ist technisch eher mittelmäßig ausgestattet und hat viele neue, junge Mitarbeiter mit wenig Erfahrung und nur wenige, ältere Mitarbeiter mit viel Erfahrung aber technisch eher mittelmäßigen Know How. Es besteht viel Optimierungsbedarf unter anderem darin, dass die neuen Mitarbeiter nur wenige der älteren Projekte kennen und dass viel Recherchearbeit doppelt betrieben und das vorhandene Wissen nicht ausreichend genutzt wird.
Hierbei helfen nun verschiedene Methoden, die dem Methodenfächer zu entnehmen sind: Wissenstandems sind Partnern, bestehend aus jeweils zwei Mitarbeitern, die gegenseitig voneinander lernen können. Ein erfahrener Mitarbeiter wird hierbei einem unerfahrenen Mitarbeiter an die Seite gestellt, um einerseits einen festen Ansprechpartner im Büro zu haben und andererseits wechselseitig voneinander zu lernen.
So profitiert der ältere Mitarbeiter von den technischen Kenntnissen des neuen Kollegen und andersherum von den Erfahrungen des langjährigen Mitarbeiters. Ein täglicher wechselnder Bildschirmschoner auf dem eigenen Computer kann die Identifikation mit dem Büro stärken, indem neue Mitarbeiter quasi automatisch mit den älteren Projekten des Büros konfrontiert werden. Alle werden zudem über das aktuelle Tagesgeschehen informiert und die jeweiligen Hintergrundbilder sind mit den wichtigsten Informationen des Projekts sowie Ablageort und Ansprechpartnern versehen.
Sollten Sie weiteres Interesse am Thema „Umgang mit Wissen im Architekturbüro“ haben oder möchten eigene Erfahrungen mit mir teilen, freue ich mich über Ihre Nachricht.
Saskja Jagenteufel
M.Sc. Architektur Media Management
M.Sc. Architektur und Städtebau
Hier geht es zum ersten Teil des Gastbeitrags von Saskja Jagenteufel zum Umgang mit Wissen im Architekturbüro.
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