Vitruv oder Design Thinking?

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 4 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Ein Gastbeitrag von Robert Rösch, Neugebauer + Rösch Architekten, Stuttgart

Seit einigen Jahren ist es auch in Deutschland angekommen: Die Methode des Design Thinkings. Ich habe lange nicht begriffen was daran besonders sein soll. Heute weiß ich, dass es nichts Besonderes ist, sondern mein Alltag als Architekt.

In einem Satz formuliert bedeutet Design Thinking nichts anderes als eine Produktentwicklung aus der Sicht des Kunden, des zukünftigen Nutzers.

Also mal Ehrlich:

Ich habe in den Jahrzehnten meiner Tätigkeit als Architekt nichts anderes gemacht. Wenn ich einen Entwurf fertige, dann muss ich doch wissen für wen. Für welche Funktion. Noch einiges andere mehr – klar, aber hier geht es um die Methode, für Kunden und Nutzer das beste Produkt, den besten Entwurf zu kreieren.

Für Architekten fängt Design Thinking spätestens im alten Rom an. Bei Vitruv. Dem Römer der wohl die erste Abhandlung über Architektur, für die Arbeit von Architekten geschrieben hat. Seine zehn Bücher über Architektur fassen das damalige Wissen auch über das Bauingenieurwesen zusammen und sind das einzige aus der Antike überlieferte Buch zu diesem Thema.

Entwurfsskizze (Bild: Neugebauer + Rösch Architekten)

Entwurfsskizze (Bild: Neugebauer + Rösch Architekten)

Festigkeit, Nützlichkeit und Schönheit sind die drei wesentlichen Anforderungen an Bauwerke, die Vitruv definiert hat. Schauen wir uns mal „Nützlichkeit“ genauer an:

Wer zum Beispiel ein Theater bauen, oder als Architekt eben planen wolle, müsse etwas von Musik, von Kunst, von Schauspielerei verstehen. Das ist auch heute noch so. Als Architekt muss ich verstehen, für wen und was das Gebäude gedacht ist, mit dessen Entwurf ich beauftragt bin.

Ich muss mich also in die Menschen hineinversetzen, die in den Gebäuden leben und arbeiten werden. Und dazu gehört auch deren Tagesablauf zu verinnerlichen.

Heute gibt es viel mehr und wesentlich komplexere Bauaufgaben als zu Vitruvs Zeiten. Die gute Allgemeinbildung reicht in der Regel nicht mehr aus. Und da stellt sich schon die Frage, wie man die Aufgabe, die Nützlichkeit am besten kennenlernt. Manche machen das mit „Programming“ und damit auf einem wie ich meine eher theoretsichen Weg.

Wir von Neugebauer + Rösch Architekten haben die Erfahrung gemacht, dass es sehr gut klappt wenn man einfach mal macht. Also anfangen, mit dem Wissen das man hat, einen Entwurf fertigen, einen Grundriss zu skizzieren – ohne jeden Anspruch an Perfektion. Dann haben wir schon ganz konkrete Vorschläge, die wir mit den Kunden diskutieren können. Im Gespräch mit dem Kunden über die konkreten Vorschläge verstehen wir sehr viel besser und schneller wie die Nützlichkeit aussehen muss.

So ähnlich funktioniert das ja auch im Silicon Valley. Einfach mal machen. Produkte auf den Markt bringen. Schnell auf den Markt bringen. Schauen was der Kunde daraus macht, damit klar kommt, und dann immer weiter verbessern.

Das kann man Design Thinking oder sonstwie nennen. Wichtig ist doch nur eines: Das Ergebnis. Und das muss gut sein, nein sehr gut.

Vitruv UND Design Thinking!

 

Über den Autor

Robert Rösch (Foto: Victor Brigola)

Robert Rösch (Foto: Victor Brigola)

Zusammen mit Sonja Neugebauer betreibt Robert Rösch seit 1990 das Architekturbüro Neugebauer + Rösch Architekten in Stuttgart. Schwerpunktthemen des weltweit tätigen Planungsbüros sind die Bereiche Wohnen und Industriebau. Viele Projekte wurden durch erfolgreiche Wettbewerbsbeiträge akquiriert.

Für namhafte Unternehmen, darunter einige Weltmarktführer und “Hidden Champions” wie die Firmen EMAG, B.Braun oder GETRAG sind Neugebauer + Rösch Architekten seit vielen Jahren als verlässliche Partner aktiv.

Link: neugebauer-roesch.de

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