Wissensmanagement und KI im Architekturbüro

Ein Gastbeitrag von Timo Bilhöfer, Holder Bilhöfer Architekten

Als ich angefangen habe Architektur zu studieren, hatte ich immer die Vorstellung, ich würde spannende Gebäude entwerfen und gestalten. Ein paar Jahre später lässt sich feststellen: Der kreative Entwurf macht nur einen kleinen Teil unseres Berufs aus.

Unsere Aufgabe ist es hauptsächlich, Informationen zu erstellen und zu sammeln, die andere zum Bauen brauchen. Diese Daten beinhalten eigentlich unser gesamtes Werk.

Man fragt sich also, warum wir unsere Daten nicht besser pflegen? Und schauen Sie jetzt nicht so, als hätten Sie noch nie eine Datei mit dem Namen „final_final.pdf“ erstellt. Mehrere Stunden pro Woche verbringen wir mit der Suche nach Informationen.

Fehler werden reproduziert, weil sich niemand die Zeit genommen hat, das Wissen festzuhalten. Mitarbeitende verlassen Unternehmen und nehmen ihren gesamten Wissensschatz mit.

Architekturbüros haben Unmengen an Wissen in Form von Daten, die jedoch meist völlig unstrukturiert sind. Unsere Daten und unser Wissen sind also der Kern unserer gesamten Wertschöpfung. Sollten wir dann nicht besser damit umgehen?

Drei Arten von Daten im Planungsbüro (Grafik: Timo Bilhöfer)

Drei Arten von Daten im Planungsbüro (Grafik: Timo Bilhöfer)

Abbildung 1: Drei Arten von Daten im Planungsbüro

1. Projektbezogene Daten: Pläne, Dokumente, Details, Protokolle, E-Mail-Verläufe, Entscheidungsprozesse, Besprechungsnotizen

2. Technisches und fachliches Wissen: Normen, Gesetze, Standarddetails, bewährte Lösungen, Material- und Produktkenntnisse, Software-Methoden

3. Organisatorisches Wissen: Unternehmensprozesse, Akquise-Standards, Kapazitätsplanung, Dokumentenmanagement, interne Arbeitsabläufe. Grundlage für alle Automatisierungen.

Daten intelligent verknüpfen – und per KI befragen

Die Lösung liegt in der intelligenten Verknüpfung dieser Daten. Mit strukturierten Daten können Sie ein KI-Modell fragen: „Suche mir alle unsere Projekte zwischen 5.000 m² und 10.000 m² BGF“ oder „Finde ein Dachanschlussdetail, Holzdach zu Betonwand mit vorgehängter Alu-Fassade.“ Die KI kann passende Informationen anzeigen, diese „lesen“, synthetisieren und in eine klare Antwort umformulieren.

Wenn ein Projektleiter unsicher ist, welche Abstandsflächen gelten, kann er die KI fragen: „Welche Mindestabstände muss ich bei einem 4-geschossigen Wohngebäude einhalten?“ Die KI durchsucht die aktuellen Landesbauordnungen, verknüpft diese mit ähnlichen Projekten und zeigt konkrete Planungsbeispiele, wie diese Anforderungen bereits erfolgreich umgesetzt wurden.

BIM-Modelle sind strukturierte Daten

Noch effizienter wird dies bei BIM-Prozessen. BIM-Modelle sind im Grunde große Datenbanken, die von einer KI abgefragt werden können. Bei standardisierten BIM-Prozessen sind die Daten automatisch strukturiert, mit Metadaten angereichert und mit anderen Informationen verknüpft.

Damit gibt es in der Architektur bereits die in anderen Branchen lang ersehnte „Single Source of Truth“: die BIM-Modelle und alles, was dazu gehört.

BIM als Single Source of Truth (Grafik: Timo Bilhöfer)

BIM als Single Source of Truth (Grafik: Timo Bilhöfer)

Abbildung 2: BIM als Single Source of Truth

Das BIM-Modell wird zur zentralen Datenquelle für alle Prozesse: Kommunikation erfolgt direkt am Bauteil über BCF-Server, Dokumente sind automatisch verknüpft, Produktdaten werden live aktualisiert.

KI kann diese strukturierten Daten abfragen und für Ausschreibungen, Controlling, Qualitätssicherung und Automatisierungen nutzen. CDE als eine Plattform für alle Beteiligten.

Stellen Sie sich vor: Ein Programm speist automatisch passende Ausschreibungen in Ihr System ein. Eine KI schlägt geeignete Referenzen vor, füllt Formblätter aus und legt alles strukturiert ab. Oder die Kapazitätsplanung wird durch Verknüpfung mit Informationen über die Mitarbeitenden teilautomatisiert.

Wichtig dabei: Das häufige Wunschdenken von Geschäftsführer:innen, „Ich habe jenes Tool gekauft und das soll alles automatisch machen“, funktioniert so nicht. Es sind die Prozesse dazwischen, die definiert werden müssen. Was nützt die perfekte Ablage, wenn sich niemand daran hält?

Mehr Effizienz durch Struktur, Standardisierung und Automatisierung

Das Ergebnis ist eine immense Effizienzsteigerung durch Struktur, Standardisierung und Automatisierung. KI ersetzt nicht unsere kreative Arbeit, sondern ermöglicht, dass wir uns wieder auf unser Kerngeschäft konzentrieren: Architektur zu erschaffen.

Von dateibasiertem Arbeiten zu datenbankgestuetztem Arbeiten (Grafik: Timo Bilhöfer)

Abbildung 3: Von dateibasiertem Arbeiten zu datenbankgestuetztem Arbeiten

Links: Dateibasiertes Arbeiten mit eindimensionalen Ordnerstrukturen ohne Verknüpfungen. Informationen sind in isolierten Dateien gespeichert, Suchzeiten sind hoch, systematischer Wissenstransfer findet nicht statt.

Rechts: Datenbankbasiertes Arbeiten mit verknüpften, mehrdimensionalen Strukturen ermöglicht KI-gestützte Abfragen in natürlicher Sprache. Alle Informationen sind strukturiert, durchsuchbar und intelligent miteinander verknüpft. Viele Programme arbeiten bereits datenbankbasiert, sie müssen aber miteinander verknüpft werden.

Warum ist das wichtig? KI hat das Potenzial, die Architektur zu einem globalen Wettbewerbsmarkt zu erweitern. Da KI lokale Gesetze und Normen schnell lernen kann, wird es rentabel, Architektur im Ausland zu planen.

Wir werden nur konkurrieren können, wenn wir effizienter werden und unseren Marktvorteil ausbauen: Persönliche Präsenz.

Deutschland und Europa haben alle Voraussetzungen für eine Digitalisierung und den Einsatz von KI, die unseren ethischen Grundwerten entspricht. Wir müssen es nur endlich machen!

Über den Autor

Timo Bilhöfer (Foto: Holder Bilhöfer Architekten)

Timo Bilhöfer ist Architekt und KI-Experte in Berlin. Seit 2019 beschäftigt er sich intensiv mit der Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Bau- und Planungswesen. Als Gründer und Partner bei Holder Bilhöfer Architekten, berät er seit 2025 Planungsbüros und deren Auftraggeber zu Themen der Digitalisierung und KI-Implementierung.

„Künstliche Intelligenz treibt die Transformation unserer Branche voran, nicht als Selbstzweck, sondern um Freiraum zu schaffen für das, was Architektur stark macht: kreative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft.“

Kontakt

Website: holderbilhoefer.com
LinkedIn: linkedin.com/in/tbilh

👉🏻 Interessantes Thema? Teilen Sie es mit anderen:

« Zurück zum Webinar-Kalender

Wichtige Hinweise: Die Vollständigkeit und Richtigkeit der hier aufgeführten Daten können wir leider nicht garantieren. Bitte überprüfen Sie alle Angaben immer auf den Seiten der jeweiligen Anbieter. Und: „Internet für Architekten“ ist NICHT der Veranstalter der hier genannten Webinare. Wir weisen hier lediglich auf diese Veranstaltungen hin.

Zur Startseite »

Was ist Ihre Meinung dazu?

Pflichtfelder sind mit * markiert.