Der Beitrag von Uwe Morell ist ein Teilabdruck aus dem Buch Offensive Architektur (herausgegeben von Frank Peter Jäger, Jovis-Verlag 2004)
Nichts liegt näher, als eine Homepage als Alternative oder Parallelmedium zu einem Büroportfolio zu nutzen. Der einzig beachtenswerte Unterschied zwischen der inhaltlichen Gestaltung von Broschüren und Internetseiten ist die Tatsache, dass eine Homepage noch schneller als eine Broschüre durchgeblättert wird und demzufolge noch mehr Informationen enthalten muss, die zwischen zwei Klicks in wenigen Zehntelsekunden erkannt und aufgenommen werden. Das zwingt dazu, verstärkt auf grafische Mittel zu setzen und prägnant und sparsam zu texten.
Orientieren Sie sich nicht an der Mehrzahl von Homepages anderer Kollegen. Was die Konkurrenz fast durchweg vermissen lässt, ist einmal mehr wirkliche Kundenorientierung. Fast alle mir bekannten Homepages von Architekten dienen ausschließlich deren Selbstdarstellung.
Sachliche Informationen zu bestimmten Bauthemen oder gar Kundennutzen in Form von interaktiven Informationsangeboten oder einer umfassenden Darstellung der eigenen Leistung aus Kundensicht heraus (das tun wir für Sie) finden sich dagegen nur äußerst selten. Warum hebe ich diese Tatsache so deutlich hervor? Ganz einfach: Eine Seite, die nur der Selbstdarstellung dient, ist für Ihr Marketing wenig wert. Niemand, der Ihr Büro nicht zuvor bereits auf anderem Wege kennen gelernt hat, wird auf die Idee kommen, nach Ihrer Seite zu suchen. Sobald Ihre Seite dagegen Kundennutzen (beispielsweise kundenorientierte Informationen) aufweist, haben Sie die Möglichkeit, PR für Ihre Seite zu machen und damit über das Internet auf Ihr Büro aufmerksam zu machen. Zudem wird die Seite auch für Betreiber anderer Internet-Seiten als Linkangebot attraktiv.
Ein Weg, attraktiven Informationswert zu schaffen, besteht darin, Links auf interessante Seiten anderer Anbieter zu legen. Ihre Seite kann dann für Informationssuchende ein Tor zum Thema Bau oder Architektur bilden.
- Sie könnten auf Ihrer Homepage Links zu Verordnungs- und Gesetzestexten, zu den baubezogenen Daten des statistischen Bundesamtes, zu Vergleichsseiten zum Thema Baufinanzierung und zu vielen anderen Seiten legen. über Ihre Homepage könnte direkt auf eine große Menge sonst schwer auffindbarer Informationen zugegriffen werden.
Der Vorteil eines solchen Informationsangebotes besteht darin, dass Sie über die zur Verfügung gestellten Informationen Kompetenz ausstrahlen, ganz nach dem Motto “Wenn er schon die Arbeitsstättenverordnung auf seiner Homepage hat, dann wird er sich in Bauvorschriften ja ganz gut auskennen”. Sie schmücken sich, was im Internet ja gar nicht selten ist, mit den Federn anderer.
Eine weitere Möglichkeit: Sie stellen selbst Daten bereit, die an keiner anderen Stelle im Netz zu finden und für den Kunden von hohem Wert sind. Das macht ihre Seite einzigartig. Versuchen Sie aber nicht, Ihr Wissen in sogenannten geschützten Bereichen exklusiv für Nutzer bereit zu stellen, die sich vorab anmelden müssen. Kein Mensch meldet sich im Internet freiwillig an, nur um ein paar gute Informationen zu erhalten. Veröffentlichen Sie vielmehr die gesammelte Erfahrung Ihres Büros, um beim Kunden einen kompetenten Eindruck zu hinterlassen.
In der Informationsgesellschaft gilt der Satz “Kannibalisiere Dich selbst, bevor es ein anderer tut!”. Beurteilen Sie selbst, ob andere Büros Ihr veröffentlichtes Wissen und Ihre Kompetenz tatsächlich weiterführend anwenden könnten.
Fast alle Kollegen vergessen, dass nicht jeder Auftraggeber eines Architekten vor Beauftragung weiß, was dieser alles für ihn tun kann, wie breit das Leistungsspektrum eines Architekten ist. Scheuen Sie sich daher nicht, auch im Internet sowohl Ihr Basisangebot (Grundleistungen nach HOAI) als auch Ihr spezielles Dienstleistungsangebot vorzustellen.
- Sie könnten auf Ihrer Seite einen interaktiven Fragenkatalog für einen bestimmten Gebäudetyp (Einfamilienhaus, Industriehalle etc.) installieren, in dem Sie über Erfahrung und Kostensicherheit verfügen. Durch die Eingabe bzw. Auswahl einiger Parameter und die Angabe der gewünschten Objektgröße ließen sich Lösungsmöglichkeiten für den Entwurf und sonstige Tipps (beispielsweise Baustoffauswahl) für potentielle Bauherrn erhalten.
Mögliche Informationsinhalte Ihrer Homepage
- Thema des Tages, Inhalte aus der Arbeit des Büros, die von allgemeinem Nutzen sein können, gespeist aus einer vorher angelegten Datenbank
- Downloadmöglichkeiten für Verordnungen, Gesetze, Grundrissbeispiele, eigene Fachartikel, Kostendatenbanken
- Interaktiver Baukostenrechner auf der Grundlage des Raumprogramms/Flächenbedarfs
- Online-Grundstücksangebote (von Drittanbietern)
- Grundstücks-Preisdatenbank
- Leitfaden/Workshop für werdende Bauherrn
- Angebot von architektengeführten Rundgängen durch Altstädte, Bürogebäude, örtliche Baudenkmäler
- Kalender mit Ankündigung aktueller Bürotermine (Bürofrühstück, Tag der offenen Tür u. a.) und allgemeiner Termine (architektur- bzw. branchenspezifisch)
Bauen Sie den Inhalt und die textliche Gestaltung Ihrer Homepage aus der Sicht Ihres potentiellen Kunden auf und bedenken Sie dabei, dass Ihr Auftraggeber von morgen heute noch überhaupt nichts über Sie und Ihr Büro weiß, während er sich Ihre Homepage ansieht. Vergegenwärtigen Sie sich die Fragen, die der Interessent sehr wahrscheinlich hat und beantworten Sie diese Fragen auf Ihrer Homepage.
Was ein potentieller Auftraggeber (wahrscheinlich) über sie wissen will
- Sind diese Architekten/Planer für meine Aufgabe überhaupt kompetent?
- Können sie Kosten und Termine einhalten?
- Wer sagt mir, dass sich dieses Büro meiner Aufgabe engagiert annimmt?
- Ist das Büro vertrauenswürdig, oder kungelt es hinter meinem Rücken mit Baufirmen oder Lieferanten?
- Was haben diese Architekten bisher gemacht, welche Referenzen nennen sie?
- Sind sie eher Techniker oder verstehen sie sich vor allem als Baukünstler?
- Wo kann ich sie erreichen?
Mit den Aussagen auf Ihren Seiten sollten Sie nach Möglichkeit auf alle wichtigen Fragen des potentiellen Auftraggebers eine Antwort geben.
Besucher kommen wieder – wenn es Neuigkeiten gibt
Sollen Besucher nochmals oder gar regelmäßig zu Ihrer Seite zurückkehren, gilt es, kontinuierlich neue Inhalte zu bieten. Die fortlaufende Aktualisierung einer Homepage ist jedoch mit hohem Aufwand verbunden. Um diesen Aufwand zu minimieren, können Sie mit zwei einfachen, aber wirksamen Tricks arbeiten: Stellen Sie aktuelle Inhalte Dritter auf ihre Seite, oder aber blenden Sie täglich oder wöchentlich wechselnd einen Tipp oder ein Motto aus einer vorher abgelegten Datenbank beim Start Ihrer Seite ein (Baukostenoptimierung: Aktuelle Tipps und Trends). Wenn die Tipps wirklich gut sind, werden interessierte Nutzer Ihre Seite regelmäßig besuchen und sie beschert ihnen damit hervorragende Chancen zum Aufbau neuer Kundenbeziehungen.
Die Gestaltung von Internetseiten
Bei der Gestaltung Ihrer Seiten eröffnen sich nahezu unbegrenzte kreative Freiräume. Dennoch gibt es ein paar gestalterische Grundregeln, die man unter allen Umständen beachten sollte, um eine Seite so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten. Professionelle Web-Gestalter kennen diese Regeln. Das gestalterische Basiswissen sollte auch Ihnen als Auftraggeber vertraut sein. Nachfolgend die wichtigsten Hinweise:
Orientierung und Struktur
Die Texte ihrer Seiten sollten komprimierte Information bieten und allgemein verständlich sein. Das Medium Internet wird mindestens ebenso schnell durchgeblättert wie eine Illustrierte. Demzufolge sollten Ihre Seiten nicht mit Texten überfrachtet sein. Alle Seiten sollten in einer Art Verzeichnisstruktur, die im linken oder oberen Fensterbereich angeordnet ist (sidebar) auf jeder einzelnen Seite Ihres Gesamtangebotes angezeigt werden. Der Nutzer sollte, beispielsweise durch eine andersfarbige Hinterlegung der Verzeichnisanzeige, stets erkennen können, wo er sich gerade in Ihrem Angebot befindet. Außerdem sollte auf jeder Seite an derselben Stelle eine Gelegenheit bestehen, wieder zur Startseite zurückzufinden (Home-Button). Diese Funktion ist sinnvoll, wenn Ihr Nutzer sich einmal verirrt hat oder technische Probleme beim Seitenwechsel aufgetreten sind.
Bilder und Grafiken
Die Anforderungen an die grafische Qualität von Bildern auf Internet-Seiten sind sehr gering, Bilder mit einer Auflösung von 70 bis 120 dpi sind durchaus ausreichend.
Je größer Bilder sind und je größer ihre Auflösung (die Anzahl der Bildpunkte auf der Fläche, Maßeinheit dpi), desto größer werden die zu ladenden Dateien. Bedingt durch die relativ geringe übertragungsgeschwindigkeit benötigen große Bilddateien eine vom Nutzer als quälend langsam empfundene Ladezeit. Ein Grund mehr, sich bei der Auswahl von Bildern zum Beispiel von verwirklichten Projekten auf wenige wirklich aussagekräftige Fotos zu beschränken: Für jedes zusätzliche Bild auf der Seite sollte es einen triftigen Grund geben. Achten Sie außerdem darauf, dass alle eingescannten Pläne, Logos usw. auch am Bildschirm deutlich und scharf sichtbar sind.
Geschwindigkeit
Eine der größten Schwierigkeiten bei der Gestaltung von Internetseiten liegt darin, dass sie einerseits grafisch aufwändig aufbereitet sein müssen, um ansprechend zu wirken, andererseits aber nach extrem kurzen Ladezeiten zur Verfügung stehen sollen.
Grafische Elemente benötigen je nach Art der Gestaltung und der verwendeten Programme sehr viel Speicherplatz, was sich in langen Ladezeiten beim Seitenaufbau niederschlägt.
Um die Geduld ihrer Besucher nicht übermäßig zu strapazieren und einen schnellen Seitenaufbau zu erreichen, gibt es folgende Möglichkeiten:
- Die Verwendung derselben Grafiken an mehreren Stellen
- einfarbige Hintergründe
- Bilder, die sich schnell, aber zunächst unscharf aufbauen
- Bilder, die sich aus mehreren nacheinander geladenen Teilbildern puzzleähnlich zusammensetzen
- gezielte Ladereihenfolge der zu übertragenden Informationen
- Reduzierung der Anzahl von Grafiken pro Seite
- Verzicht auf Klang und Animationen
Dieser Beitrag stammt aus dem Buch “Offensive Architektur – Präsentation, Public Relations und Marketing für Architekten”. Herausgegeben von Frank Peter Jäger, mit Beiträgen von Wilfried Dechau, Eva Reinhold-Postina, Rolf Toyka u. a. (Jovis-Verlag, Berlin 2004)
Im Buch endet dieses Kapitel mit einer “Richtschnur”, einer Checkliste, die alle zu beachtenden Punkte nochmals kompakt zusammenfasst.
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