Marketing-Medien im Vergleich: Büro-Website oder Broschüre?

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 19 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Gastbeitrag von Frank Peter Jäger, Archikontext, Berlin (Juni 2005)

Wenn Architekten und Landschaftsarchitekten ihr Büro und ihr Werk zu Akquisitionszwecken präsentieren wollen, stehen sie vor der Frage: Website oder Broschüre? Der folgende Beitrag spricht Vorzüge und Schwächen der beiden Marketing-Medien an, und erklärt, warum es Sinn machen kann, sich sowohl “online” als auch in gedruckter Form darzustellen.

Dass zum zeitgemäßen Architekturbüro eine professionelle Präsentation gehört, hat sich inzwischen herumgesprochen. Unterschiedliche Meinungen bestehen indes darüber, welches Präsentationsmedium Leistungsangebot und Werk des Architekten am besten darstellt.

Neben kleineren Maßnahmen der Außendarstellung wie Faltblättern, Zeitungs-Anzeigen oder Werbemitteln kommen zwei Medien in Frage, um Profil und Angebot eines Büros in seiner Gänze darzustellen: Die eigene Büro-Website oder eine Büro-Broschüre in gedruckter Form. Vorausgeschickt sei: Die Vorstellung, dass eine gedruckte Broschüre im Zeitalter der digitalen Medien unzeitgemäß sei und man deshalb ausschließlich auf das Internet setzen sollte, ist zweifelsohne voreilig.

Jedes der beiden Medien, Büro-Website wie Broschüre, hat spezifische Stärken und Schwächen und nichts spricht dagegen, in der Präsentation “zweigleisig” zu fahren.

Das wichtigste Ziel bei der Erstellung einer Website respektive Imagebroschüre dürfte die Auftragsbeschaffung sein. Um eine von Beratungskunden häufig an mich gerichtete Frage aufzugreifen und unrealistischen Erwartungen entgegenzutreten: Ein Internetauftritt oder eine gut gemachte Image-Broschüre sind keine selbsttätigen Akquisitionswerkzeuge. Zwar berichten Architekten gelegentlich, dass ein Bauauftrag zustande kam, weil ein Interessent Ihre Website entdeckt und daraufhin Kontakt zum Architekturbüro aufgenommen habe; jedoch ist ein solcher direkte Akquisitionseffekt bisher die Ausnahme. Weil jedoch das Netzwerk aus baubezogenen Angeboten und Links und vor allem Portalen mit regionalem Bezug immer dichter wird, nimmt auch die faktische Werbewirkung von Internetauftritten kontinuierlich zu – vorausgesetzt, sie sind mit stark frequentierten Portalen verlinkt. Die Möglichkeiten des Mediums als Werbeträger sind also noch lange nicht ausgeschöpft.

Eine Büro-Website ist kein Büroarchiv

Wenn Architekten dennoch über keinen oder nur ein minimalen Effekt ihrer Website klagen, so sind die Ursachen dafür häufig hausgemacht: Die Internetauftritte – und ebenso die Selbstdarstellungsbroschüre – von Architekten bieten nur selten die Voraussetzungen, die ein Marketing-Werkzeug mitbringen sollte. Aktives Marketing sucht den Dialog mit dem potentiellen Adressaten, also z. B. dem Besucher einer Büro-Website, und versucht die Fragen vorwegzunehmen, die ihn bei der Suche nach einer geeigneten Architektenleistung beschäftigen.
Das wichtigste jedoch: Eine gut gemachte Außendarstellung stellt das Leistungsangebot und das Profil eines Planerteams in den Vordergrund. Eine Büro-Website ist dagegen kein Büroarchiv – das bisherige Werk kann nur ein Baustein der Selbstdarstellung sein. Die “gebauten Referenzen” dominieren Broschüren wie Websites meist zu stark. Grundsätzlich gilt: Nicht die lückenlose Werkschau, sondern das, wofür ein Büro im Hier und Jetzt steht, sollte die inhaltliche Aussage eines Internetauftritts bestimmen.

Die Mehrzahl seiner Aufträge erlangen Architekten noch immer über Beziehungsnetzwerke, die persönliche Kontaktaufnahme zu potentiellen Bauherren und indem sie gezielt die öffentliche Aufmerksamkeit suchen. Das wirft die Frage auf, worin dann überhaupt der Sinn von Broschüre oder Internetauftritt liegt. Für den Internetauftritt fällt die Antwort nicht schwer: Obwohl sie selten ganz von alleine zu einer Auftragvergabe führt, ist sie ein ideales Medium, um die Akquisitionsaktivitäten eines Architekturbüros über Vergabeverfahren, die Vorstellung bei Bauherren und öffentlichen Auftritten zu flankieren.

Bei solchen unmittelbaren Kontakten ergibt es sich von selbst, dass man seine Kontaktdaten mit denen der Interessenten austauscht (Visitenkarte, Flyer etc.). Viele Leute, mit denen Sie sich auf diese Weise bekannt machen, schätzen die Möglichkeit, sich anschließend am eigenen Bildschirm “inkognito” ein Bild von Ihnen und Ihren Aktivitäten zu machen. Der Internetauftritt hat die Funktion einer digitalen Visitenkarte; je aussagekräftiger und dialogartiger er angelegt ist, umso besser.

Die geschilderten Aufgaben der Information und Kontaktpflege durch ein jederzeit abrufbares, aktuelles Büroprofil, das sich kurzfristig aktualisieren und ergänzen lässt, lassen die Website als das flexiblere und zeitgemäßere Werbemedium erscheinen. Sie ist bei geringen laufenden Kosten nahezu beliebig erweiterbar, das Medium ist schnell und erlaubt eine schlüssige Gesamtdarstellung auf gestalterisch hohem Niveau. Zusätzlich zu den dauerhaften Informationen einer Website lassen sich durch einfache, inzwischen auch vom EDV-Laien handhabbare Content-Mangement-Programme kurzfristig tagesaktuelle Informationen einfügen.

Der Umweg über den Computer entfällt

Was spricht unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch für die Produktion einer Broschüre? In erster Linie psychologische und praktische Gründe: Ein Interessent kann sie immer wieder zur Hand nehmen und in Ruhe durchblättern – eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit. Zudem entfällt der Umweg über das Medium Computer entfällt; die Broschüre ist präsent, ganz ohne dass zuvor erst ein Rechner hochgefahren werden muss, man den Seitenaufbau der Startseite abwartet und sich durch eine Navigation klickt. Das prädestiniert Broschüren vor allem für Situationen, in denen sie sich einer größeren Runde, etwa einer Behörde oder dem Vorstand eines Bauträgers präsentieren wollen. Denn: Entscheidungen über Bauaufträge werden selten von einer Person alleine getroffen – hier entfaltet die Broschüre ihren größten Vorzug. Man kann sie bequem am Tisch herumreichen, zusammen mit einem Geschäftspartner durchblättern und das Gezeigte erläutern.
Eine Internet-Präsentation ist in dieser Situation deplaziert: Kein Architekt erhält eine Bauauftrag, wenn er den Interessenten nach dem ersten Gespräch wissen lässt: “Alles Weitere finden sie auf meiner Internet-Seite.”
Power-Point-Präsentationen sind problematisch, weil sie meist in einen Werkvortrag ausufern und dazu verleiten, das angemessene Zeitlimit zu überschreiten. Doch im Gespräch mit unternehmerischen Bauherren geht es darum, klare Argumente für die eigene Leistung knapp und zugespitzt ins Feld zu führen. Zu viel technischer Hokuspokus lenkt da eher ab. Zudem sollte man die psychologische Wirkung einer dem Gegenüber in Gestalt einer Broschüre überreichten “handfesten” Referenz nicht unterschätzen. Daran wird deutlich, dass Broschüren nur dann Sinn machen, wenn sie graphisch und typographisch anspruchsvoll gestaltet ist, wobei anspruchsvoll nicht automatisch gleichbedeutend mit teuer ist.

Lauter Autodidakten?

Architekten gestalten ihre Bürobroschüren gerne in eigener Regie, aus Kostengründen und weil sie meinen, ein graphisches Naturtalent zu sein. Diese Annahme führt im günstigen Fall zu passablen Ergebnissen. Vorwiegend handelt es sich aber um ausgedruckte Bilddateien, die von einer Spiralbindung zusammengehalten werden und denen ein schlüssiges graphisches und inhaltliches Konzept fehlt. Sie sind so wenig attraktiv wie aussagekräftig.

Eine gedruckte Bürodarstellung kann ihre Vorzüge gegenüber dem Medium Internet nur dann entfalten, wenn sie das Ergebnis eines durchdachten inhaltlichen und graphischen Konzeptes ist. Es ist also nicht damit getan, die Lebensläufe der Büroinhaber in ein Grafikdokument zu kopieren und auf den folgenden Seiten möglichst viele Projektfotos unterzubringen.

Am Anfang sollte vielmehr die Frage stehen: Wie stellen wir unser Büro und unser Angebot, so dar, dass wir damit beim Betrachter größtmögliches Interesse und Sympathie wecken? Die Chancen dafür stehen gut, wenn hochwertiges Papier verwendet wird, sich eine Broschüre (Stichwort “haptische Wirkung”) also angenehm anfasst, das Layout in professionellen Händen lagen und ihre bildlichen Darstellungen von in Ruhe verfassten, sprachlich durchgesehenen Texten begleitet werden. Sie sollten den Charakter vollständiger Sätze haben und können gerne auch einmal – etwa bei der Schilderung einer Projektgeschichte – einen erzählenden Ton anschlagen. Übersichtlich, aber selten besonders attraktiv sind Aussagen in Form von Aufzählungen.

Wo es darum geht, Aufmerksamkeit zu wecken, ist Originalität gefragt. Originalität in der Wahl des Formats, in der Layoutgestaltung und Hintergrundfarbe sowie bei der Wahl der Typographie und manch anderem. Dabei ist es an Ihnen, bei der Planung ein Gespür dafür zu entwickeln, ob die originelle Idee eher den Charakter eines kurzlebigen Gags hat oder auch nach einem Jahr ihren Reiz noch nicht eingebüßt hat.

Ein Schwachpunkt von Broschüren ist, dass sie rasch veralten und sich bei der Wahl eines festen Einbandes zudem nicht nachträglich aktualisieren lassen. Dieses geläufige Argument gegen Broschüren lässt sich jedoch entkräften: Broschüren kann man heute erweiterungsfähig produzieren, ohne dass dabei auf den buchartigen Charakter eines festen Einbands verzichtet werden müsste. Zudem ermöglichen eine Vielzahl unterschiedlicher Produktionsweisen und Bindetechniken für flexible und individuelle Lösungen.

Dipl.-Ing. Frank Peter Jäger lebt in Berlin und ist Inhaber der Agentur Archikontext. Sie berät und betreut Architekten in allen Fragen von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing.

08.06.2005

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1 Kommentar Was ist Ihre Meinung dazu?

  1. Selbstverständlich kann eine Webseite als quasi alleiniges Auftragsbeschaffungstool besser fungieren als jedes andere Medium. Weil es 24 Stunden wirkt und vom Leser selbstständig gefunden werden kann und arbeitet, auch wenn der Architekt schläft. Doch wie? Indem die Seite ausnahmsweise mal auf allerlei eitle Selbstbespiegelung im Stil des Schnürsenkel-Bauchladens eines billigen Jakobs an der Straßenecke verzichtet. System “Alles habich, und das sogar am schönsten und billigsten”. Das klingt verdächtig und wirkt kontraproduktiv. Was dann? Echte Info (“Content”) liefern, was zum Bauen taugt und was nicht. Das trifft auf jeden Fall das Interesse des potentiellen Kunden, bekommt ihn über die Suchmaschine als Antwort auf seine Frage und baut im gelungenen Fall Autorität und Vertrauen auf. Und darauf kommt es an bei der Suche nach einem Treuhänder für eine Großinvestition.

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