Ein Gastbeitrag von Alexandra Busch, Architekturjournalistin und Podcasterin
„Kommunikation ist nicht unser Kerngeschäft.“ Diesen Satz höre ich oft, wenn ich mit Architekturbüros über Sichtbarkeit spreche. Das Unbehagen, sich zu sehr in den Vordergrund zu stellen, ist groß.
In diesem Beitrag erkläre ich, warum genau diese Haltung problematisch ist und wie Planungsbüros mit einfachen Mitteln, klarem Profil und neuen Werkzeugen sichtbar werden können. Ohne Show, aber mit Wirkung.

Zwischen Linien und Ideen entsteht Architektur und mit ihr der Dialog, der sie verständlich macht (Bild: Alexandra Busch; Collage: Internet für Architekten)
Planende in der öffentlichen Kommunikation: Noch zu leise
Die meisten Architekturbüros arbeiten hochkonzentriert, kreativ, verantwortungsvoll, aber oft im Hintergrund. Auf den Büro-Websites stehen abgeschlossene Projekte, es gibt ein paar Wettbewerbserfolge, vielleicht eine News-Rubrik. In den sozialen Medien sind nur wenige aktiv. Auf LinkedIn posten manche, viele aber gar nicht. Warum?
Aus Gesprächen weiß ich: Kommunikation ist für viele kein Thema. Sie ist zweitrangig, „nicht unser Kerngeschäft“, wie es heißt. Oder: „Wir wollen uns nicht anbiedern.“ Oder auch: „Wir wissen gar nicht, wie das geht.“ Ich verstehe diese Zurückhaltung. Aber ich halte sie für problematisch.
Denn in einer Zeit, in der Bauvorhaben zunehmend öffentlich diskutiert, infrage gestellt, kommentiert werden, ist es fatal, wenn Planende sich aus der Kommunikation zurückziehen. Architektur spricht ihre eigene Sprache. Damit sie verstanden wird, braucht sie Übersetzung für Fachleute und für die Gesellschaft.
Kommunikation ist kein Luxus. Sie ist Teil des Berufs.
Architekt*innen und Ingenieur*innen müssen nicht zu Werbeprofis werden. Aber sie müssen anfangen, sichtbar zu sein, denn Kommunikation ist nicht nur Marketing. Sie ist Teil der Verantwortung.
Wer baut, greift ins Stadtbild ein, in Lebensräume, in gesellschaftliche Prozesse. Wer das tut, sollte darüber sprechen können. Offen, reflektiert, professionell.
Das beginnt bei der Selbstbeschreibung des Büros: Wofür stehen wir? Was treibt uns an? Was unterscheidet uns? Es setzt sich fort in der Projektdokumentation: Erzählen wir nur, was wir gebaut haben, oder auch, warum und wie?
Und es gipfelt in der öffentlichen Positionierung: Wie sprechen wir über Themen wie Nachhaltigkeit, Verdichtung, Transformation, Umbaukultur? Wer sich hier zurücklehnt, wird nicht gehört. Und wer nicht gehört wird, wird langfristig auch nicht gefragt.
Drei gute Gründe für mehr Sichtbarkeit
- Mitarbeitende finden und binden: Der Fachkräftemangel trifft auch die Planungswelt. Talente wollen mehr als Aufgaben: Sie wollen Teil einer Kultur sein, die Sinn stiftet und zusammenhält. Wer als Büro sichtbar ist, wer Einblicke gibt, wer zeigt, wie gearbeitet wird, macht sich attraktiv für neue Kolleg*innen.
- Projektakzeptanz schaffen: Gut geplant ist noch lange nicht gut angenommen; daran scheitern viele Vorhaben. Wenn Bürger*innen nicht verstehen, was gebaut wird und warum, entstehen Widerstände. Gute Kommunikation kann hier Brücken bauen. Sie kann Beteiligung ergänzen, Prozesse transparent machen und Konflikte früher abfedern.
- Position im Diskurs schärfen: Architektur ist immer auch kulturell. Und politisch. Wer sich nicht äußert, wird nicht wahrgenommen. Wer aber klug kommuniziert, kann Themen setzen: Umbaukultur, Bauwende, soziale Verantwortung, Klimaanpassung. Das schafft sowohl Reputation als auch Einfluss.
Woran es oft scheitert
Viele Büros scheuen die Kommunikation, weil sie Ressourcen kostet. Zeit, Geld, Know-how. Nicht jedes Büro hat eine Kommunikationsabteilung. Und nicht jede*r Architekt*in will schreiben, posten, ins Mikro sprechen.
Hinzu kommt eine gewisse Angst vor der Selbstvermarktung. In der Architektur gilt immer noch die Idee vom stillen Schaffen. Wer zu laut ist, gilt schnell als Selbstdarsteller*in. Dabei ist Sichtbarkeit nicht gleich Ego-Show. Wer Haltung zeigt, braucht keine Inszenierung.
Und schließlich fehlt oft die Strategie: Was wollen wir kommunizieren? Auf welchen Kanälen? Mit welchem Ziel? Ad-hoc-Lösungen greifen dabei zu kurz. Es braucht Strategien, die zur Größe des Büros, zur Zielgruppe und zu den Projekten passen.

Zwei Mikrofone, zwei Stimmen und ein Raum für echte Geschichten aus der Architekturwelt (Bild: Alexandra Busch; Collage: Internet für Architekten)
Wie Kommunikation gelingen kann
Gute Kommunikation braucht keine Hochglanzkampagne. Oft reicht ein kleiner, ehrlicher Anfang:
- eine verständliche Bürobeschreibung auf der Website
- ein LinkedIn-Post zum aktuellen Projekt
- ein kurzer Artikel zum Wettbewerbsgewinn
- ein Statement zur Nachhaltigkeitsstrategie
- ein Einblick in den Arbeitsalltag im Büro
Und es hilft, mit Partner*innen zu arbeiten. Journalist*innen, Texter*innen, Content Creator*innen, Podcast-Hosts. Sie alle können Büros helfen, ihre Themen sichtbar zu machen. Professionell, glaubwürdig, zielgerichtet.
Ich selbst biete mit meinem Podcast Architektourist genau so eine Plattform. Dort sprechen Architekt*innen, Hersteller, Planende über Projekte, Materialien, Ideen. Statt PR-Botschaften stehen echte Gespräche im Mittelpunkt – ehrlich, respektvoll, auf Augenhöhe. Und ja: Auch das kostet Geld. Weil gute Kommunikation Zeit und Arbeit braucht. Aber sie wirkt.
Doch Kommunikation endet nicht bei der klassischen Projektseite oder dem LinkedIn-Profil. Zwei Werkzeuge treten dabei immer stärker in den Vordergrund, weil sie neue Ideen ermöglichen, Prozesse vereinfachen und Inhalte gezielter vermitteln können: Künstliche Intelligenz und Social Media-Formate mit strategischem Einsatz.
Künstliche Intelligenz – Werkzeug mit Potenzial
KI kann Texte formulieren, aber nicht entscheiden, wofür ihr steht.
Künstliche Intelligenz generiert Inhalte, aber keine Haltung. Sie liefert Sprache, aber keine Überzeugung. Deshalb bleibt Kommunikation auch im KI-Zeitalter eine menschliche Aufgabe.
Richtig eingesetzt, kann künstliche Intelligenz aber vieles erleichtern, gerade in Planungsbüros mit knappen Ressourcen. Hier ein paar Ideen, wie das aussehen kann:
- Projekttexte formulieren: Mit ChatGPT einen ersten Entwurf auf Basis eurer Stichpunkte generieren und anschließend redaktionell schärfen, im eigenen Stil.
- Bildideen skizzieren: Tools wie Midjourney oder der Bildgenerator in ChatGPT erzeugen Visualisierungen, die als Stimmungsbilder oder Diskussionsgrundlage im Team dienen können.
- FAQs vorbereiten: Für die Website erste Fragen und Antworten zur Planung oder zum Projektstart automatisch generieren lassen. Das spart Zeit und senkt die Einstiegshürde.
- Interviewformate entwickeln: Einfach mal ein Thema eingeben und sich passende Fragen, Thesen oder Storylines vorschlagen lassen. Für Podcast, Blog oder Präsentation.
Wichtig bleibt: Ihr seid die Gestaltenden, die KI ist euer Tool. Wer das Zusammenspiel versteht, arbeitet effizienter und kommuniziert klarer.

Wo Entwurf und Technologie sich begegnen: Künstliche Intelligenz als Werkzeug für neue Perspektiven im Planungsalltag (Bild: Alexandra Busch; Collage: Internet für Architekten)
Social Media – Präsenz mit Profil
Viele Büros zögern, auf Social Media aktiv zu werden. Die Sorge: zu viel Aufwand, zu wenig Wirkung. Aber Sichtbarkeit entsteht nicht über Nacht. Sie wächst. Wer klein anfängt, kann Großes erreichen.
Hier einige Formate, die sich gut für Architekturbüros eignen:
- „Making of“-Posts: Zeigt Zwischenschritte eines Projekts, nicht nur das Endergebnis. Das schafft Nähe.
- Team-Insights: Wer arbeitet an euren Projekten und wie? Ein Bild vom Modellbau oder ein kurzes Zitat reichen oft schon.
- Statement-Formate: Was ist euch wichtig? Klimaschutz, Umbaukultur, sozialer Wohnungsbau? Sagt es.
- Projektclips: Kurze Videos oder Slideshows mit eurer Handschrift; oft reichen 30 Sekunden, um eure Perspektive sichtbar zu machen.
- Verlinkung nutzen: Kolleg*innen, Partner*innen, Bauherr*innen markieren. Sichtbarkeit erzeugt Rückkopplung.
Tipp: Lieber ein guter Post pro Woche als tägliche Inhalte ohne Substanz. Qualität schlägt Quantität und Charakter schlägt Lautstärke.

Zwischen Skizzen und Social Media: Architekturkommunikation im digitalen Arbeitsfluss (Bild: Alexandra Busch; Collage: Internet für Architekten)
Kommunikation als Kulturtechnik
Kommunikation ist kein Beiwerk. Sie ist Teil des Entwerfens, Teil des Planens, Teil der Verantwortung. Ob analog oder digital, mit Text, Bild oder Ton: Wer über Architektur spricht, macht sie verständlich. Wer Position bezieht, wird sichtbar. Und wer sichtbar ist, kann mitgestalten: den Diskurs, die Baukultur, die Zukunft unserer gebauten Umwelt.
Ich wünsche mir mehr mutige Stimmen aus Planungsbüros. Stimmen, die zeigen, was sie bewegt. Denn genau das braucht unsere Baukultur heute: klare Perspektiven und eine Sprache, die gehört und verstanden wird.
Deshalb: Beginnt mit dem, was euch antreibt. Sprecht über das, was euch wichtig ist. Und nutzt die Werkzeuge, die zu euch passen. Es muss nicht perfekt sein, aber es muss anfangen. Kommunikation ist kein fertiges Produkt. Sie ist ein Prozess: lebendig, lernend, offen. Wie gute Architektur auch.
Über die Autorin
Alexandra Busch ist Architekturjournalistin und Podcasterin in Darmstadt. Mit ihrem Podcast Architektourist verknüpft sie Architektur, Bautechnik und Baukultur – journalistisch fundiert, nahbar erzählt und immer mit dem Blick auf gesellschaftliche Relevanz.
Neben ihrer redaktionellen Arbeit berät sie Planungsbüros, Hersteller und Institutionen der Bau- und Architekturbranche zur öffentlichen Kommunikation – ob in Textform, als Podcast oder über digitale Plattformen. Ihr Ziel: Baukultur verständlich machen und den Menschen hinter Projekten eine Stimme geben.
Kontakt
LinkedIn: linkedin.com/in/alexandrabusch
Website: architektourist.letscast.fm
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