Farben im Internet – wie man sie richtig einsetzt

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 21 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Wer Websites von Architekten besucht, kann häufig den Eindruck gewinnen, diese Branche sieht die Welt besonders pessimistisch: Schwarz, Weiß und Grau in allen Schattierungen sind die vorherrschenden “Farben” auf vielen Seiten. Das mögen die Seitenbetreiber und die Architektenkollegen schlicht, diskret und angemessen empfinden, die wichtigsten Besucher dieser Sites, die Entscheider und potentiellen Bauherren von morgen, sind eine andere Ansprache gewohnt und können mit derartiger Tristesse nicht viel anfangen.

Die konzeptionelle Entscheidung darüber, wie Farben eingesetzt werden, hat großen Einfluss auf den Erfolg Ihrer Büro-Website. Farben werden von Menschen stark emotional wahr genommen, ebenso emotional und intuitiv entscheiden Ihre zukünftigen Besucher über Ihre Website.
Ein banaler, aber ganz wichtiger Vorteil: Farbe im Web kostet nichts, bringt aber viel. Eine Website in 10 verschiedenen Grautönen kostet Sie genau so viel Zeit und Geld wie eine dezente, farbig strukturierte Website. Bei anderen Medien ist der Unterschied aber ganz erheblich: denken Sie nur an die Papierausdrucke auf Ihren Plottern oder dem Druck einer Firmenbroschüre! Hier kostet Farbe richtig Geld, im Internet nicht. Sie muss aber richtig eingesetzt werden. Nur ein Internet-Nutzer, dem Ihr Angebot intuitiv zusagt und der sich darüber hinaus in Ihrem Angebot zurecht findet, wird den Inhalten aufgeschlossen gegenüber stehen. Der richtige Einsatz von Farben spielt dabei eine wichtige Rolle. Sorgfältige Planung ist also erforderlich.

In diesem Artikel sollen sowohl die funktionalen Aspekte – wie Benutzerführung und Farbkodierung – als auch die emotionalen Aspekte von Farben im Internet betrachtet werden.

Farben im Dienst der Funktionalität: Benutzerführung

Ein Website gleicht einem Gebäude: Die Besucher haben auch im Internet den Anspruch, ihr Ziel, z. B. die gesuchten Informationen über Ihr Architekturbüro, schnell und ohne Umwege zu finden. Auf einer gut konzipierten Website kann sich der Besucher intuitiv orientieren und findet, was er sucht. Der Einsatz von Farben unterstützt diese Benutzerführung entscheidend.

Grundlage für die Benutzerführung ist eine klare Strukturierung der Website. Diese Struktur trennt z. B. Haupt- und Nebeninhalte voneinander. Die Hauptinhalte werden in Rubriken eingeteilt. Um die Rubriken für den Besucher nachvollziehbar von einander abzugrenzen, kommt eine sogenannte Farbkodierung bzw. ein Farbleitsystem zum Einsatz.

Ein Farbleitsystem macht sich die Tatsache zunutze, dass sich der Mensch einzelne Farben leichter merken kann als einzelne Wörter, Begriffe oder Objekte. Farben wecken Assoziationen, das heißt, das Gehirn kann zwischen der Farbe und einem dazugehörigen Begriff eine Verknüpfung bilden. Diese Verknüpfung ist für das Erinnern (Langzeitgedächtnis) erforderlich.
Beispiel: “weinrot” und die Rubrik “Büroprofil” werden als zusammen gehöriges Paar auf der Startseite einer Bürowebsite und auf den Unterseiten dargestellt. Der Nutzer vollzieht die Verknüpfung unbewusst und kann sich auch nach mehrmaligem Hin- und Herspringen zwischen verschiedenen Rubriken sicher auf den Seiten orientieren. Auch wenn z. B. der Seitenkopf mit der Rubrikbezeichnung gerade nicht sichtbar ist: aufgrund dezent angebrachter weinroter grafischen Elemente auf den Unterseiten der Rubrik “Büroprofil” weiß er intuitiv, in welcher Rubrik er sich befindet.

Assoziatives Denken vereinfacht die Erinnerung von Informationen. Ein Farbleitsystem dient also immer primär der Orientierung und dem überblick des Nutzers. Geschickt gelöst verleiht ein gutes Farbleitsystem einem Medium (auch ein gedruckter Prospekt kann über ein Farbleitsystem verfügen, nicht nur eine Website) eine harmonische, imagebildende und imagefördernde Ausstrahlung.

Damit der User das Farbleitsystem versteht und anwenden kann, muss es bereits auf der Homepage (Startseite des Webangebots) eingesetzt und konsequent auf allen Seiten angewandt werden.
Farbleitsysteme, die nicht auf der Startseite, sondern nur auf den Unterseiten zum Einsatz kommen, verfehlen ihr Ziel, denn sie verschenken einen guten Teil ihrer Wirkung.

Die Verwirrung des Users kann soweit gehen, dass er sich auf einer fremden Website wähnt. Dies hätte durch die konsequente Anwendung des Farbleitsystems auch auf der Startseite vermieden werden können. Hierzu ist lediglich eine dezente Markierung der einzelnen Rubrik-Links bzw. -Buttons mit der entsprechenden Rubrik-Farbe erforderlich.

“Farbnot” und “bunte Seiten”

Müssen zu viele Inhaltsbereiche durch ein Farbleitsystem gekennzeichnet werden, kommen Sie bei der Konzeption Ihrer Büro-Website schnell in “Farbnot”. Beliebigkeit in der Farbwahl und Verwechslungsgefahr der verschiedenen Rubriken ist die Folge. In solchen Fällen muss überlegt werden, ob bestimmte Rubriken nicht unter eine übergeordnete Rubrik zusammen gefasst werden können. Die übergeordnete Rubrik erhält dann die für alle untergeordneten Rubriken gültige Farbe. So entgehen Sie der Gefahr der Buntheit, denn “bunte Seiten” passen schlecht zum seriösen Image, den Ihre Architekturbüro-Website ausstrahlen soll. Buntheit steht im Kontrast zu Werten wie Kompetenz und Glaubwürdigkeit, daher ist hier erhöhte Vorsicht geboten.

Einführung einer Farbwelt

Im Sinne der klaren Benutzerführung sind übermäßig viele (Faustregel: max. 7) Rubriken in jedem Fall eher ungünstig. Beschränken Sie daher die Anzahl der Inhaltsrubriken Ihrer Website und entwickeln Sie (oder Ihr Dienstleister) eine Reihe von auf einander abgestimmten Farben, die die einzelnen Rubriken kennzeichnen. Diese harmonische “Farbwelt” darf nicht bunt wirken, dafür aber die einzelnen Rubriken eindeutig abgrenzen und damit die Struktur Ihrer Site unterstützen, denn jeder Rubrik wird eine eindeutige Farbe der “Farbwelt” zugeordnet.

Die Farben, die sich jeweils auf den Unterseiten Ihrer Website wiederholen, stellen sicher, dass die gesamte Site farblich harmonisch bleibt. Voraussetzung: Es werden ausschließlich die zu der Farbwelt gehörigen Farben verwendet.

Es bietet sich an, “Ihre” im Internet verwendeten Farben über das WWW hinaus auch in der “Offline-Kommunikation” einzusetzen: Verwenden Sie Ihre Farbwelt auch für Medien wie Büro-Logo (Schriftzug), Visitenkarten und Briefpapier, Büro-Broschüren, Pläne, Kfz-Beschriftung etc.

Dezente Flächen, starke Kontraste

Beim Einsatz von Farben im Internet muss zwischen flächendeckender und punktueller Verwendung unterschieden werden. Eine Website sollte nicht grell wirken, schon gar nicht die Website eines Architekturbüros. Es ist also wichtig, die Farben für die “Flächenelemente” (z. B. Hintergrundfarben, Farbe von Mengentext etc.) eher zurückhaltend und kontrastarm zu wählen. Dies ist nicht zuletzt augen- und dadurch lesefreundlich. Kontraste sollten nur punktuell gesetzt werden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

In der Fläche (Mengentexte etc.) sollten die Kontraste unbedingt reduziert werden. Während z. B. starke Mengentextkontraste in Druckerzeugnissen (schwarz auf weiß) nicht stören, sind sie am Bildschirm sehr unangenehm, wie die Abbildung zeigt.

Fokussierung: Wichtige Elemente wie überschriften oder Navigationselemente können dagegen sehr gut durch Kontraste Aufmerksamkeit erzeugen bzw. Akzente setzen. Sie führen den Besucher – z. B. mit Hilfe eines Farbleitsystems – zu den gesuchten Inhalten. Beispiele: kleine grafische Elemente, sogenannte Icons, die überschriften oder Rubriken kennzeichnen.

Farbbedeutungen: Erfinden Sie das Rad nicht neu!

Bei der Farbfestlegung für Ihre Website sollten Sie darauf achen, “gelernte” Farbbedeutungen im Internet (aber auch aus der realen Welt) zu beachten: Elemente, die Ihre Besucher von anderen Websites in einer bestimmten Farbe kennen, sollten auch bei Ihnen diese (oder sehr ähnliche) Farben erhalten.

Beispiel 1: Fehlermeldungen, die ein Nutzer z. B. nach dem Absenden eines unvollständig ausgefüllten Formulars erhält: sie sollten immer in Rot erscheinen. Der Blick des Nutzers wird dadurch sofort auf einen Hinweis wie “Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse an” gelenkt. Wäre der Hinweis in der normalen Textfarbe, müsste der User (der eigentlich auf eine positive Rückmeldung wartet) unter Umständen suchen, warum das Formular nicht abgeschickt wurde, schließlich denkt er ja, er hätte alles korrekt ausgefüllt. Bitte denken Sie bei solchen Dingen NIEMALS “das wird er dann schon sehen”. Kaum ein Internetuser ist bereit, zu warten oder zu suchen, warum etwas nicht funktioniert. Konzipieren Sie Ihre Bürowebsite IDIOTENSICHER. Das ist kein Makel, im Gegenteil: nur eine idiotensichere Website ist professionell. Und diesen Anspruch haben Sie doch an sich, oder? Die Konkurrenz ist groß, und mit einem Klick hat Ihr frisch gewonnener Kontakt Ihre Website auf Nimmerwiedersehen verlassen …

Beispiel 2: Textlinks auf Websites sind z. B. traditionell blau. Dies ist die Standardeinstellung in den Browsern. Natürlich können Sie Ihre Textlinks auch grün, grau, schwarz oder ohne Unterstrich darstellen lassen. Dies führt jedoch dazu, dass Ihre Besucher die Links beim überfliegen Ihrer Seiten nicht ganz so deutlich wahrnehmen wie blaue, unterstrichene Links, die sie von vielen anderen Seiten her kennen. Falls Sie diesen Punkt unwichtig finden: überlegen Sie einmal, warum wohl die erfolgreichsten Websites weltweit genau dieses Prinzip anwenden …

Die emotionalen Aspekte von Farben im Internet

Sie als Architekt bzw. als Architekturbüro wollen sich in der Öffentlichkeit darstellen. Sie sind ein Dienstleister, der an der Seite eines Bauherrn große Projekte realisiert. Die Realisierung eines Bauvorhabens kann Jahre dauern, ebenso dauert (im Idealfall) die Partnerschaft zwischen Dienstleister und Bauherr. Diese Bauherren investieren sehr große Summen, daher möchten sie einen verläßlichen und kompetenten Partner an ihrer Seite haben.

Wenn Ihre Bürowebsite nun in Schwarz-Dunkelgrau ohne jegliche “Farbtupfer” daherkommt, mag das vielleicht Ihren Rollkragenpulli tragenden Kollegen gefallen, einen potentiellen Bauherrn aber nicht unbedingt begeistern. Ebenso würden übertriebene, zu bunte Farben peinlich wirken. Soll der Bauherr seine Millionen einem Kindskopf anvertrauen?

Worum geht es? Wir reden hier von Farben, nicht von den eigentlichen Inhalten. So gesehen sind die genannten Beispiele natürlich überspitzt dargestellt. Natürlich kann eine Website in Grautönen vorzüglich sein und in Text und Bild die entsprechende Zielgruppe richtig ansprechen. Aber: Farben beeinflussen die Menschen unbewusst. Und hier müssen Sie Ihre Zielgruppe mit deren ganz besonderen Erwartungen und Bedürfnissen “abholen”.
Stellen Sie sich als kompetenter und verlässlicher, aber auch innovativer Partner für Ihren potentiellen Bauherrn dar. Betreiben Sie also auch mit der Farbwelt Ihrer Website Imagebildung und erzeugen Sie Stimmungen.
Wählen Sie eine freundliche, ruhige, positive, harmonische Farbwelt. Denn Ihre wichtigste Zielgruppe, die potentiellen Bauherren, planen schließlich große Investitionen, vielleicht mit Ihrem Büro. Sie sollen auf Ihrer Website den Eindruck gewinnen, dass Ihr Büro genau für die Werte steht, nach denen sie suchen: auf der einen Seite Innovation und Kreativität, vor allem aber: Seriösität, Kompetenz, Verläßlichkeit.

Schauen Sie sich einmal die Websites von Unternehmen an, die eine ähnliche Klientel haben und z. B. hochwertige Konsum- oder Investitionsgüter anbieten: Hersteller gehobener Automarken, Luxus-Einrichter oder Banken arbeiten seit Jahren mit den besten Werbe- und Multimediaagenturen zusammen. Die Farbwelten, die hier eingesetzt werden, sind kein Zufall. Und Sie werden bei diesen Firmen weder schwarz-dunkelgraue noch unpassende fröhlich-bunte Seiten finden. Lassen Sie sich also inspirieren: profitieren Sie von den Erfahrungen der Anderen. Sammeln Sie Ideen für ein professionelle, farblich stimmige Bürowebsite.

30.09.2003

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