Baustellenvermittlung als neuer Ansatz der Architekturvermittlung

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 11 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Gastbeitrag von Sandra Eberz, Architektur | Kommuniktation, Bottrop

Baustellen begegnen uns jeden Tag. Auf dem Weg zur Arbeit und zur Schule, in der Stadt und auf der Autobahn, zu Fuß und auf dem Fahrrad. Besonders innerstädtische Baumaßnahmen werden bei vielen Betroffenen als störend empfunden. Die Gründe dafür sind oftmals Lärm, Schmutz, Störung und Einschränkungen im Alltag. Dem gegenüber stehen die am Bau Interessierten, die den Ort als Faszinosum beschreiben. Die Baustelle bildet sozusagen einen ambivalenten Ort, der Ärgernis und Faszination vereint.

Baustellenzaun mit Durchblick

Baustellenzaun mit Durchblick

Baustellen sind ein komplexes Gefüge und erfordern hohe Präzision und Organisation von allen Beteiligten. Sie verändern die Städte und deren Strukturen. Schaut man sich die sonst geschlossene Stadtstruktur an, so bilden Baustellen Lücken, durch die sich neue An- und Durchsichten im Stadtbild ergeben.

Durchblick

Durchblick

Der Wiener Architekt Friedrich Achleitner beschreibt die Situation wie folgt:

„Lediglich Baustellen, Elemente der Störung, geben Plätze frei, lassen den Raum optimal in Erscheinung treten.“

Baustellen zeigen einen Zwischenzustand und leiten etwas Neues ein – sie sind der Übergang zum fertigen Gebäude, dem Endprodukt. Baustellen zeigen das Unfertige und sind ein Versprechen auf das Kommende, mit dem Ziel, einen Zustand zu verbessern. Auf der Baustelle ist noch sichtbar, was im fertigen Zustand verdeckt wird. Es ist ein Ort der kreativen Unvollständigkeit.

„Nur im Bau befindliche Wolkenkratzer zeigen die kühnen konstruktiven Gedanken und überwältigend ist dann der Eindruck der hochragenden Stahlskelette. Mit der Ausmauerung der Fronten wird dieser Eindruck vollständig zerstört, der konstruktive Gedanke, die notwendige Grundlage für die künstlerische Gestaltung vernichtet […].“ Mies van der Rohe

Rohbau

Rohbauästhetik

Daher zeigt besonders der Rohbau Spannung und lässt dem Betrachter Raum für neue Ideen. Hier kann man fantasieren, wie das fertige Gebäude einmal aussehen wird. Wie viele Wände in diesem großen, lichtdurchfluteten Raum später stehen werden und die Raumwirkung dadurch verändern.

Rohbau

Rohbauästhetik

Während des Bauens ergeben sich dem Betrachter immer wieder neue Blickwinkel und man entdeckt neue Seiten des Bauwerks. Neben den spezifischen Eigenschaften macht dies die Einzigartigkeit einer Baustelle aus. Ein Ort, der sich durch den täglichen Arbeitsfortschritt immer wieder verändert.

Doch dieses Bild wird der Bevölkerung vorenthalten. All die inneren Abläufe, die Schönheit, die Faszination der inneren Baustelle bleiben den Menschen verborgen.

Richtet man den Blick auf die gebaute Architektur so wird deutlich, dass das Verständnis für die gebaute Umwelt in der Öffentlichkeit nur schwach ausgeprägt ist. Um dieses Defizit auszugleichen, setzen sich zahlreiche Institutionen für eine sensibilisierte Wahrnehmung der gebauten Umwelt in der Öffentlichkeit ein. Die Baustelle, als Teil dieser Umwelt wird dabei nicht betrachtet. Daher sollte der Ansatz der Architekturvermittlung in der Baustellenvermittlung liegen. Heutige Bauvorhaben können nur erfolgreich durchgeführt werden, wenn schon während der Bauphase Akzeptanz und eine sensibilisierte Wahrnehmung geschaffen werden.

Aufgrund der Erkenntnisse über die Baustelle und die vielfältigen Wahrnehmungen dieses Ortes, wird das Konzept der Baustellenvermittlung entwickelt, das einen neuen Ansatz der Architekturvermittlung beschreibt. Es bietet die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und das Bewusstsein für Baustellen zu stärken.

Logo-Entwurf

Logo-Entwurf

Dazu wird zum einen der Tag der Baustelle entwickelt, der durch verschiedene Bausteine eine Interkation zwischen Mensch und Baustelle erreichen soll. Auf diese Weise ist es möglich, die Facetten einer Baustelle aufzuzeigen und ihr somit einen neuen Charakter zu verleihen. Die Baustelle wird inszeniert (Rohbauästhetik, Fotoausstellung, diverse Veranstaltungen)

Vorschlag: Die Modenschau auf der Baustelle

Vorschlag: Die Modenschau auf der Baustelle

Als zweites Element wird die Auslobung eines Baustellenpreises vorgeschlagen, der die Bedeutung der Baustelle in den Blickpunkt der Öffentlichkeit und der Medien rücken kann.

Das Konzept der Baustellenvermittlung soll die Baustelle als zentrales Element in der Architektur herausstellen, die Öffentlichkeit für diesen Ort sensibilisieren und somit eine größere Akzeptanz hervorrufen.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Masterarbeit zum Thema Baustellenvermittlung als neuer Ansatz der Architekturvermittlung, die im Zuge des Masterstudiengangs Architektur Media Management | AMM entstanden ist.

Über die Autorin

Sandra Eberz hat im Februar 2012 den Bachelorstudiengang Architektur an der Hochschule Bochum abgeschlossen und sich daraufhin im Masterstudiengang Architektur Media Management auf Architekturkommunikation spezialisiert. Layout, Kommunikationstechniken, Fotografie, Marketing und Social Media waren Schwerpunkte ihrer Ausbildung. Seit Juli 2013 arbeitet sie als freiberufliche Redakteurin für die BetonMarketing Deutschland GmbH. Im September 2013 führte sie die Vorprüfung für den Egon Eiermann Preis durch.

Website: eberzsandra.wordpress.com
XING-Profil: xing.com/profiles/Sandra_Eberz

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