Architektur-PR und ihre Tücken: Erfolgreiche Auftragsakquise durch Fleiß, sporadische Kontaktpflege oder Wettbewerbsglück?

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 10 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Gastbeitrag von Lisa Romaner, Medienwissenschaftlerin, Klagenfurt

Lisa Romaner: Public Relations der Architektur

Lisa Romaner: Public
Relations der Architektur

“In welcher Form betreiben Sie Medienarbeit?” – “Überhaupt nicht, für so etwas haben wir keine Zeit, außerdem bringt das nichts.”
So startet häufig ein erstes Gespräch mit vielen, häufig kleinen Architekturbüros. Die meisten Architekten sind der Meinung, Bauwerke müssten für sich sprechen und Architektur sei etwas für Brancheninsider. Dabei wäre die heutige Medienlandschaft perfekt für kreative Berufe wie dem des Architekten, um öffentliches Interesse für den Beruf zu wecken und verlorengegangenes Vertrauen sowie Kundenbindung aufzubauen. Die sich verschärfenden Konkurrenzverhältnisse im Dienstleistungssektor machen PR heute notwendiger denn je — oder, um es mit den Worten Meinhard von Gerkans zu sagen: „’Publish or perish!’ Man muss das, was man macht unters Volk bringen, man muss es zeigen und dafür sorgen, dass es publiziert wird.”

Die Architektur ins öffentliche Gespräch zu bringen sei bereits seit langem ein Anliegen der Angehörigen des Berufsstandes und der brancheninternen Experten, so Peter Conradi, ehemaliger Präsident der Bundesarchitektenkammer. Die strategische Bedeutung von PR sei vielfach zwar bereits erkannt worden, allerdings könnten sich meist nur große Büros einen solchen Fachmann leisten. Eine wichtige Grundvoraussetzung für erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit sei der Dialog, denn Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Er sagt, Architekten müssten lernen, sich auf die Bedürfnisse ihrer potenziellen Bauherren, und auch der in der Branche bedeutenden Meinungsbildner, einzulassen.

Meine Diplomarbeit zum Thema Public Relations der Architektur untersucht Öffentlichkeitsarbeit in einer Branche, die diesem Begriff zumeist noch skeptisch gegenübersteht. Effektiver und effizienter Einsatz von Kommunikation ist in allen Bereichen der Wirtschaft bereits seit geraumer Zeit ein großes Thema. Für alle Sparten gibt es speziell zugeschnittene Konzepte, sowie verschiedenste Erfahrungen mit Herausforderungen, Potenzialen und Grenzen der PR. Trotz der eminenten Bedeutung der Branchen-PR und ihrer Spezifizierung ist in der Praxis häufig eine Vernachlässigung der Architekturbranche auffällig.

Gerade eine Dienstleistung wie die Architekturleistung birgt für den Auftraggeber ein gewisses Risiko. Das heißt, dass der Kunde auf den guten Ruf des Dienstleisters angewiesen ist, da das Angebot und die Daten die er bekommt, sehr abstrakt sind. Dazu kommt, dass der Bauherr zumeist ein Laie ist, der dem Architekten blind vertrauen muss. Darüber hinaus ist die Globalisierung, Technisierung und Polarisierung der Märkte eine Bedingung des Wettbewerbs, die eine immer intensivere Interaktionsbeziehung zum Kunden verlangt und den Architekten dazu verpflichtet, stärker auf Kundenwünsche einzugehen.

Scheitert strategische Kommunikation in der Architekturbranche bereits am Fundament?

Laut Herbert Imbach, Architekt und  Kommunikationsberater, versuchen Architekten häufig ihre Aufträge durch Fleiß, sporadische Kontaktpflege oder Wettbewerbsglück zu bekommen, statt sich strategischer Kommunikation zu bedienen. Dies ist teuer, zeitaufwendig und hat häufig nur geringe Erfolgschancen. Das Problem der Architektur-PR scheint ein zweistufiges zu sein. Im ersten Schritt ist es den Büros häufig nicht klar, warum Öffentlichkeitsarbeit überhaupt sinnvoll ist. Haben sie schließlich erkannt, dass es ohne strategische Kommunikation schwer ist voranzukommen, scheitern sie jedoch zumeist an der Umsetzung. PR-Arbeit misslingt hier also nicht nur primär an der Wahrnehmung des Nutzens von strategischer Kommunikation, sondern scheitert im zweiten Schritt auch am fehlenden Know-how und den Umsetzungsschwierigkeiten der Architekten.

Dies führt in Bezug auf das Kommunikationsmanagement eines Architekturbüros zu einer Reihe von Herausforderungen. Diese kommen laut Frank Peter Jäger, Architekturjournalist und Autor des Buches “Der Neue Architekt”, von einer Reihe von tief verankerten Einstellungen und Gewohnheiten des seit geraumer Zeit bestehenden Berufes des Architekten. Zum einen wird Architekturstudenten nicht gezeigt, wie sie später im Berufsleben als Unternehmer, Berater, Projektmanager oder Markenbildner agieren sollen. Stattdessen beschränkt man sich immer noch ausschließlich auf das Handwerk an sich und seine Hauptaufgabe – das Planen. Zum anderen ist der Architekt ein besonderer Unternehmer, der sich selbst nicht als solcher beschreiben würde. Er ist jedoch in alle Bereiche der Wirtschaft eingebunden  und muss sich darin zurechtfinden.

Längst ist auch den Architekten und Planern die Rolle von Dienstleistern zugefallen.

Kommunikation ist für Architekten und Planer die einzige Möglichkeit, die Qualität der von ihnen gelieferten immateriellen und zunächst sehr abstrakten Leistungen nachvollziehbar zu machen. Dies hat Christian Marquart, Autor des Buches Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Architekten und Planer, bereits vor über 15 Jahren erkannt. Er sagt, Dienstleistung bedeutet im Kern Kundenorientierung, Servicebereitschaft, Vertrauensbildung, Profilierung und Beziehungsmanagement. Der Architekt als Dienstleister wird deshalb nicht darauf verzichten können, seinen Markt zu erkunden, ihn aktiv zu gestalten, auszubauen und zu sichern – zum Beispiel durch Öffentlichkeitsarbeit.

Man sagt, der Köder muss dem Fisch schmecken, und nicht dem Angler. Dies sollten sich fortgeschrittene Architekten von heute zu Herzen nehmen, wenn sie weiterhin erfolgreich am Markt bestehen wollen. Wenn Architekturbüros etwas publizieren, dann häufig nur für das eigene Ego und um der Konkurrenz etwas zu beweisen.

Gute PR heißt, seine Arbeit für die Zielgruppe transparent und anfassbar zu machen.

Was der Kunde will, ist vorrangig nicht die ästhetische Brillanz, sondern der Nachweis, dass Projekte kompetent und erfolgreich abgewickelt werden. Dass Architekten Planung und Ausführung gekonnt meistern, traut man ihnen in der Öffentlichkeit sehr wohl zu. Dies ist nicht der Bereich, in dem Vertrauensaufbau gefordert ist. Es ist der Umgang mit den Kundenwünschen und die Vermittlung von Sicherheit, mit dem der Architekt überzeugen muss. Hat man dies erst einmal erkannt, so bieten sich viele Möglichkeiten sich von anderen Büros zu differenzieren.

Das heißt, dass nicht nur die gelungenen Projekte auf der Homepage vertreten sein sollten, sondern auch in irgendeiner Art und Weise gezeigt werden muss, dass man etwas von Projektorganisation, Beratung und Koordination versteht und gewollt ist, auf den Kunden einzugehen. Der Nutzen, den der Auftraggeber für sich sieht, muss also etwas mehr sein, als die Standardleistung eines Architekten.

Der Ruf, kreativ zu sein, weckt im Geschäftsleben, gerade wenn es um viel Geld geht, leider oft negative Assoziationen.

Es wird von Architekten zwar erwartet, dass diese kreativ sind, dennoch dürfen sie, laut Sally Below, Autorin des Buches Wege in die Öffentlichkeit, nicht den Sinn für die Realität verlieren. Hierbei hilft transparente Kommunikation um Missverständnissen vorzubeugen und Sachverhalte allgemein verständlich zu machen. Aus wirtschaftlicher Sicht, ist es zunächst wichtig, sich als Unternehmer zu verstehen, um ein guter Dienstleister für den Kunden sein zu können.

Es scheint, als würde die künstlerische Seite der Architektur eine Art Belohnung für ein Büro darstellen, die man erhält wenn man bekannt und erfolgreich genug geworden ist. Denn jeder Architekt will im tiefsten Inneren ein Künstler sein. Kleine und unbekannte Büros müssen sich allerdings erst das Vertrauen der Öffentlichkeit verdienen, bevor sie sich mit dem Geld anderer selbst verwirklichen dürfen.

Die Lösung: gezielte Spezialisierung und kontinuierliche Medienpräsenz.

Im Laufe meiner Diplomarbeit konnte ein enges Verhältnis zwischen Netzwerkaufbau, Auftragsakquirierung, Medienpräsenz und Vertrauensbildung festgestellt werden. Von den vielen Aufgaben der PR ist der Vertrauensaufbau zur Zielgruppe jene, die für die Architekturbranche am meisten Bedeutung hat. Dies liegt an der Unberechenbarkeit der Architekturleistung als Dienstleistung mit hohem Kapitaleinsatz, aber auch am mäßigen Image der Branche.

Public Relations können nur dann perfekt umgesetzt werden, wenn Identität und Image, sowie das Unternehmensbild nach außen ein widerspruchsfreies Ganzes ergeben. Hat sich das Unternehmen im Markt und in der Gesellschaft positioniert, so ist PR ein wichtiger Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg. Gezielte Positionierung und Imagesteuerung kann in der Architekturbranche vor allem durch Spezialisierung und hohe Medienpräsenz erreicht werden. Wichtig ist, dass durch abgestimmte Kommunikation, die Berechenbarkeit und dadurch wiederum das Vertrauen steigt. Besonders im Dienstleistungssektor, in dem Leistungen nicht unmittelbar messbar sind, ist es wichtig, dem Kunden seine Werte und Leistungen verständlich zu vermitteln.

Ein überzeugendes Profil ist über klare Spezialisierung erzeugbar, was zusätzlich auf hohe Kompetenz schließen lässt. Darüber hinaus wird durch gezielte Spezialisierung die Gefahr geringer in der Masse unterzugehen. Neben der Expertise auf einem bestimmten Fachgebiet und dem Alleinstellungsmerkmal sind Netzwerke eine gute Möglichkeit, um sich am Markt zu behaupten. Diese reichen von projektbezogenen Zusammenschlüssen bis hin zu Medienkontakten. Laut Sally Below kombinieren geschickte Architekten Kreativität mit starken wirtschaftlichen Argumenten.

Öffentlichkeitsarbeit hat also das Potenzial, der Architektenschaft in Bezug auf die immer schwieriger werdenden Marktverhältnisse unter die Arme zu greifen und darüber hinaus das angeschlagene Selbstbild des Berufsstandes zu verbessern.

Über die Autorin

Lisa Romaner

Lisa Romaner

Lisa Romaner hat Publizistik mit Schwerpunkt Organisationskommunikation studiert und vor ihrem Studium eine höhere technische Ausbildung für Bautechnik absolviert. Ihr berufliches Ziel ist es, die Selbstvermarktungsschwächen der Architekturbranche aufzudecken und PR in einer Sparte anzuwenden, die diesem Bereich noch immer skeptisch gegenübersteht.

 

Quellenverweise sowie Buchtipps

Romaner, Lisa (2013): Public Relations der Architektur: Herausforderungen, Potenziale und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit in der Architekturbranche. AV Akademikerverlag, Saarbrücken

Below, Sally (2004): Wege in die Öffentlichkeit. Public Relations und Marketing für Architekten; ein Praxis-Handbuch. Junius, Hamburg

Jäger, Frank Peter (2008): Der neue Architekt. Erfolgreich am veränderten Markt: Akquisition, Management, Marketing. Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München

Marquart, Christian (1997): Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Architekten und Planer. AVedition, Stuttgart

Pastuschka, Bernd (2013): Basics in PR und Marketing für Architekten. Springer, Wien

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