Das Geschäft mit den vorgefertigten „Traumhäusern“ boomt, in der Schweiz wird bereits jedes fünfte Einfamilienhaus als Fertighaus gebaut. Erstaunlich, denn individuell geplante Häuser vom Architekten sind oft günstiger als die Häuser aus der Fabrik. Wie schaffen es die Fertighausanbieter trotzdem, so viele Bauherren von ihren Produkten zu überzeugen? Wir haben uns die Angebote näher angesehen und einige Marketing-Ideen gefunden, die auch für Architekten interessant sein könnten.
Fertighäuser sind “selten günstiger als ein Architektenhaus” konstatierte das Magazin ‘K-Geld’ schon im April 2010 nach einem Preisvergleich. Auch das Schweizer Fernsehen kam zu ähnlichen Vergleichsergebnissen. Die Tests zeigten, dass die “Katalogpreise” meist nicht alle Kosten für ein bewohnbares Haus umfassen und Extrawünsche – z. B. Planänderungen – natürlich auch extra berechnet werden.
Dass die Fertighaus-Unternehmen es dennoch schaffen, so viele Kunden von ihren Angeboten zu überzeugen, hat viel mit gekonntem Marketing, aber auch mit professioneller Beratung, Kundenbetreuung und einem guten Produkt zu tun. Denn technisch sind die angebotenen Fertighäuser auf der Höhe der Zeit: Alle Anbieter haben energieeffiziente “Minergie”- sowie “Minergie-P”-zertifizierte Objekte im Angebot. Und bei der Bauqualität selbst unterscheiden sich Fertighäuser kaum zu klassischen, massiv gebauten Häusern.
Der erste Kontakt
Angehende Bauherren kommen vor allem über das Internet erstmalig mit den Fertighausanbietern in Kontakt, sei es durch Tipps aus dem Bekanntenkreis, via Suchmaschine, durch Werbeanzeigen oder Links in Zeitschriften. Die Website ist – im Zusammenspiel mit Werbebroschüren, Messeauftritte und Musterhäusern vor Ort – das zentrale Marketing-Instrument der Anbieter.
Im Vergleich zu Architekten-Websites (siehe auch unseren Test in a+t 12/2011) sind die Internetpräsenzen der Fertighausanbieter deutlich lebendiger: Bunte Bilder der verschiedenen Fertighaus-Typen bilden als virtuelle Diashow den Blickfang. Darunter wird meist über technische Themen wie den “Minergie-P”-Standard der Häuser oder über den Bauablauf informiert, kurz und bündig. Ergänzend gibt es Service-Angebote wie Downloads, Broschüren-Bestellung, Ansprechpartner-Suche, Messetermine etc. sowie Links zu den Facebook- und Youtube-Seiten der Anbieter. Diese Vielfalt ist wohl durchdacht: Der Interessent kann sich schon in den ersten Sekunden des Besuchs auf der Website einen Überblick verschaffen. Dabei wird sowohl die emotionale Ebene (Architekturfotos!) als auch die rationale Ebene (Minergie!) angesprochen. Je nach persönlichen Vorlieben kann dann weiter gestöbert oder gleich Kontakt zum Anbieter aufgenommen werden.
Vertrauensbildende Maßnahmen
Zu der inhaltlichen Fülle passt auch die direkte Ansprache der Zielgruppe. Mit Sätzen wie „Wir lassen Ihr Traumhaus Wirklichkeit werden!“ wird versucht, eine Kommunikationsebene aufzubauen, die dann in einem persönlichen „Bauberatungs“-Gespräch vertieft werden soll. Der passende regionale Ansprechpartner dafür ist mit wenigen Klicks gefunden. Alternativ kann der Interessent über kostenlose 0800er-Telefonnummern, Kontaktformulare oder via Facebook mit den Anbietern in Kontakt treten.
Wer nicht gleich ein Beratungsgespräch wünscht, kann die großen Fertighausanbieter auch auf Messen besuchen. Dort können sich Interessierte unverbindlich über die Produkte und Ausstattungsvarianten informieren und bei Bedarf beraten lassen. Auch mit Musterhäusern wird das “Produkt Haus” erlebbar gemacht. Einige Anbieter nennen darüber hinaus gebaute (und bewohnte!) Referenzobjekte, die von Interessenten vor Ort besichtigt werden können.
Kundenstimmen sind ein wichtiges Mittel, um Vertrauen bei Neukunden auf- und Hemmungen abzubauen. In Wort und Bild, manchmal auch per Videobotschaft oder via Facebook-“Empfehlung“, kommen glückliche Einfamilienhausbesitzer zu Wort und berichten über die Zusammenarbeit mit den Anbietern.
Komplexe Technik – laiengerecht erklärt
Die Hersteller sind bemüht, den Bauablauf auf ihren Websites Schritt für Schritt zu erklären – von der Bauberatung über die Herstellung der Bauelemente bis zur Montage und dem Ausbau. Fachbegriffe wie die Minergie-Standards erläutert man mit kurzen Texten, Infografiken und Schaubildern. So werden auch Bau-Laien schnell mit der Bautechnik vertraut.
Mehr und mehr halten Videos Einzug: Haas Haus erklärt damit den Bauablauf, bei SchwörerHaus wird das energiesparende Heizsystem in bewegten Bildern verständlich gemacht. Dem potentiellen Bauherren sollen die komplexen Zusammenhänge (und die damit verbundenen Kosten!) so bequem wie möglich nahegebracht werden. Das hat für die Anbieter ganz praktische Vorteile: Die Beratungsgespräche mit den via Website vorinformierten Kunden lassen sich so wesentlich effizienter gestalten.
Bunte Bilder und „Katalogpreise“
Die Fertighäuser selbst werden im Netz umfangreich präsentiert: Bildergalerien zeigen Architektur- und Ausstattungsvarianten, mit vergrößerbaren Grundrissen kann der Bauherr in spe die erste Möblierung planen. Auch CAD-ähnliche 3D-Hauskonfiguratoren sind bereits im Einsatz.Wichtig: Neben technischen Daten wie Quadratmeterangaben zu einzelnen Räumen nennen fast alle Anbieter auch konkrete Preise. Diese „Katalogpreise“ entsprechen zwar selten dem Gesamtpreis, geben den Kunden aber ein Gefühl der „Kostensicherheit“ und sind daher unverzichtbar.
Clevere Fertighaus-Unternehmer unterstützen ihre Kunden sogar bei der Suche nach Bauland und binden ausgewählte Angebote großer Immobilienportale in ihre Seiten ein. Auch “Bauland-Suchaufträge” werden entgegen genommen: Der Anbieter sucht dann für die Bauinteressierten nach geeigneten Bauplätzen. Ein naheliegender Zusatz-Service.
Nicht nur für Fertighaus-Anbieter: 6 Punkte, die das Bauherren-Marketing erfolgreich machen
- Die Ansprache stimmt: Gleich beim Erstkontakt auf der Website wird der Kunde persönlich angesprochen. Das Produkt bzw. Dienstleistungsangebot wird laienverständlich vorgestellt.
- Bitte mit Bild: Firmeninhaber, Kundenbetreuer, Ansprechpartner etc. werden mit Foto vorgestellt. Der Bau eines Hauses ist für fast alle Bauherren die größte finanzielle Entscheidung im Leben. Darum gilt es, frühzeitig eine Vertrauensbasis aufzubauen. Ein Porträtfoto auf der Website und ein paar persönliche Worte sind der erste Schritt.
- Nennen Sie Preise: Ein Bauherr will wissen, wie viel ein Haus kostet. Auch als Architekt sollten Sie Preisangaben machen, zumindest in Form von groben Preiskategorien bzw. Richtpreisen, möglichst aufgeschlüsselt nach Kostengruppen (Baukosten, Architektenleistungen, Erschliessung usw.). So weiß ein privater Interessent in etwa, was auf ihn zukommt. Details können später im persönlichen Gespräch geklärt werden.
- Kundenkontakt erwünscht: Der Interessent kann den Anbieter auf verschiedene Arten kontaktieren: per Telefon (idealerweise per 0800-Nummer), Kontaktformular oder über Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter.
- Häuser zum Anfassen: Fertighausanbieter können Interessenten häufig in einem Musterhaus vor Ort von ihrem Produkt überzeugen. Ein Haus “live” zu erleben (auch z. B. bei einer Baustellenführung), ist immer eindrucksvoller als nur Bilder zu betrachten.
- Weiterempfehlungen sind die beste Werbung: Lassen Sie Ihre (zufriedenen) Kunden für Sie sprechen. Die meisten Kunden schreiben Ihnen gerne – z. B. per E-Mail – eine Referenz, die Sie als Text auf Ihrer Website präsentieren können, idealerweise ergänzt um ein Foto des Kunden.
Dieser Beitrag erschien erstmalig in architektur + technik (09/2012)
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