Architekten im Internet – Websites von Planungsbüros im Test

Hinweis: Dieser Beitrag wurde vor 15 Jahren veröffentlicht. Es könnte also sein, dass die eine oder andere Information nicht mehr ganz aktuell ist. 

Gastbeitrag von Dipl.-Ing./MA Mirca Loh über eine wissenschaftliche Untersuchung von Architekten-Websites

2008 ließ die Schweizer Architekturzeitschrift Hochparterre 50 Architekten-Websites von einem Team aus Designerinnen, Werbespezialisten und Programmierern bewerten. Das Ergebnis dieser Untersuchung lautete „Planlos im Netz“. Nicht nur technische und gestalterische Mängel führten dazu, dass über die Hälfte der getesteten Internetauftritte ungenügend abschnitt, auch eine allgemeine Kommunikationsunlust konnte festgestellt werden. „Es wird beinahe nirgends versucht, ein Gefühl für die Architektur zu vermitteln“, fasst der Usability- Spezialist Daniel Hunziker seinen Eindruck zusammen, dabei böte doch gerade das Netz unzählige Möglichkeiten dafür. Genau das ist die Frage. Warum scheinen Architekten die vielfältigen Möglichkeiten und fast flächendeckende Zugänglichkeit des Internets nicht optimal für ihre Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen?

(Foto: pixelio / Denise Lechner)
(Foto: pixelio / Denise Lechner)

Kein Medium verbreitet sich so schnell wie das Internet

Längst hat sich das Internet in alle geschäftlichen und privaten Bereiche des Lebens integriert und dient Millionen von Menschen als Informationsquelle, Kommunikationsinstrument und Shoppingcenter. Auch im Bereich Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung ist dieses Medium nicht mehr weg zu denken. Was die eigene Internet-Präsenz angeht, befindet sich allerdings laut des Berichtes „Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie“ des Statistischen Bundesamtes von 2007 die Baubranche im unteren Bereich: nur 53 % der Unternehmen betreiben eine eigene Website. Dabei bietet das Internet ideale Vorraussetzungen, um an die Zielgruppe von Architekten heranzutreten. Das Statistische Bundesamt gibt für das Jahr 2007 ebenfalls an, dass die Ausstattung der Haushalte mit Computer und Internet Jahr für Jahr zunimmt. 73% aller Haushalte in Deutschland sind mit einem Computer ausgestattet. Gleichzeitig haben 65% der Haushalte einen Internetzugang. Darüber hinaus waren 2007 insgesamt 77% aller Unternehmen in Deutschland mit dem Internet verbunden und bei Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten verfügen fast ausnahmslos alle über einen Internetzugang.

Information statt Kommunikation

Schaut man sich die Anwendungsbereiche einer Website von Architekten an wird schnell klar, die Nutzung des Internets in Architekturbüros kann mit den Begriffen Information statt Kommunikation zusammengefasst werden.

Anwendungsbereiche der eigenen Website von Architekten*

95% Büropräsentation
73% Akquisition
51% zusätzliche Informationsvermittlung über gebaute/geplante Projekte
50% Projektdokumentation
24% Informationsaustausch mit Kunden
8% Kundenbindung durch Serviceangebote

Der Einsatz der eigenen Website beschränkt sich bei den meisten Architekturbüros auf die Selbstdarstellung. Nur selten wird dem Kunden ein zusätzlicher Service angeboten. Auch hier wird wenig Wert auf den Informationsaustausch mit Kunden und Geschäftspartnern gelegt. Als Gründe, warum eine eigene Website erstellt wurde, dominieren klar solche, die aus unmittelbaren Wettbewerbserfordernissen resultieren, wie Mithalten mit der Konkurrenz, Imagegründe und Kundenanforderungen. Betriebswirtschaftliche Gründe, wie Zeitersparnisse, Kostenvorteile oder Personaleinsparungen spielen eine untergeordnete Rolle. In Bezug auf Hindernisse und Probleme, die gegen einen Internetauftritt sprechen, weisen Architekten ein sehr geringes Problembewusstsein auf. Weder Sicherheitsbedenken noch fehlende Kundenakzeptanz sind für sie relevante Gründe, um das Internet zu meiden. Betrachtet man die Eigenschaften der befragten Architekturbüros, so wird deutlich, dass je mehr ein Unternehmen das Internet nutzt, umso besser kann es auch die Möglichkeiten und Gründe für dessen Nutzung einschätzen.

Fehlende Kenntnisse in den Büros

Besonders in kleineren Büros mit unter fünf Mitarbeitern fehlen oft die Kenntnisse für
den Umgang mit einer Website. Das Arbeiten mit CAD-Programmen und der Einsatz von multimedialen Darstellungsmöglichkeiten sind erst ab dem Jahr 2000 fester Bestandteil der Lehrpläne deutscher Hochschulen. Kenntnisse im Umgang mit dem Internet werden als selbstverständlich angesehen und Seminare für die Erstellung einer Website nur selten in Hochschulen angeboten. Auch nur vereinzelt bemühen sich Architektenkammern, Kenntnisse im Bereich Internetnutzung und Website-Erstellung zu vermitteln, obwohl dies heute ein wichtiger Teil der gesamten Öffentlichkeitsarbeit eines Architekturbüros sein sollte. Fehlende Kenntnisse im Umgang mit dem Internet scheinen der Grund für die schwache Ausnutzung der Möglichkeiten einer Website zu sein. So wird in der Studie zum Anwendungsstand und Nutzenpotenzial des Internets der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus abschließend festgestellt:
„Wenn offensichtlich so wenig Gründe gegen eine stärkere Internetnutzung sprechen und andererseits vorher relativ viele Gründe als wichtig eingestuft wurden, stellt sich die Frage, warum dann das Internet nicht intensiver genutzt wird. Als Erklärung kann nur der allgemein geringe Kenntnisstand und das damit verbundene ungenügende Beurteilungsvermögen dienen“

Wie werden einzelne Medien in der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt?

Das Internet wird von vielen Architekturbüros neben oder im Zusammenhang mit anderen Medien eingesetzt. Besonders die Image- und Bürobroschüre hat nach wie vor einen hohen Stellenwert und wird regelmäßig von Architekturbüros erstellt. Veröffentlichungen in der Fach- und Tagespresse sowie Themenpublikationen bieten sich an, um mit Ereignissen oder Kompetenzen auf sich aufmerksam zu machen. Ausstellungen und Vorträge ermöglichen den direkten Kontakt zu Interessierten. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass eine eigene Website nicht den Einsatz anderer Medien ersetzt, sondern zusätzlich angeboten wird.

Nutzung verschiedener Medien in Architekturbüros*

85% Website
78 % Image-/Bürobroschüre
70% Projektdokumentation
50% Fachpresse
38% Tagespresse
37% Ausstellungen
35% Themenpublikationen
25% Jahrbuch
15% Messeauftritte

Stellenwert des Internets in der Öffentlichkeitsarbeit von Architekten

Betrachtet man die einzelnen Kosten der Medien im Zusammenhang mit ihrem Wirkungskreis, dem inhaltlichen Gehalt und ihrer Nutzungsdauer, wird klar, dass eine Website auf längere Sicht die günstigste Variante für ein Architekturbüro ist, sich dauerhaft in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Eine Website profitiert auch in Bezug auf ihre Kosten von der hohen Flexibilität, die es mit einem geringen finanziellen und zeitlichen Aufwand möglich macht, Änderungen und Neuigkeiten einzuarbeiten. So entstehen nach den Anschaffungskosten nur noch sehr geringe fixe Kosten. Außerdem müssen keine Versandkosten und Auflagenschätzungen erbracht werden, was bei der Nutzung von Printmedien ebenfalls der Fall ist.
Was die Möglichkeiten und Wirkungen der einzelnen Medien angeht, wird klar, dass jedes Medium bestimmte Aufgaben erfüllt und nicht durch ein anderes zu ersetzen ist. Besonders im Bereich der Akquisition ist es für Architekten wichtig, den direkten Kontakt mit Kunden durch Ausstellungen, Messeauftritten oder Vorträge zu suchen. Auch die haptische Qualität einer Broschüre oder eines Buches ist nicht durch eine Internetseite zu ersetzen.
Da jedes Medium über spezifische Stärken und Schwächen verfügt, stellt sich nicht die Frage, welches als Leitmedium eingesetzt werden soll, sondern wie verschiedene Medien am sinnvollsten zusammenwirken. Das Internet bietet sich nicht für die Akquisition von Kunden an. Niemand wird zufällig auf die Website eines Architekturbüros aufmerksam und entscheidet sich dann für eine Zusammenarbeit. Sie wird nach einem ersten Kontakt als Mittel der Information, Kommunikation, Transaktion und Koordination eingesetzt.

Information und Kommunikation

In erster Linie bietet sich auch für Architekten das Internet als das an, wozu es ursprünglich entwickelt wurde, als Medium zur Information und Kommunikation. Gut gepflegt, spiegelt eine Website den aktuellsten Stand des Büros wieder. Informationen über Projekte, Wettbewerbe, aktuelle Entwicklungen im Büro und auf der Baustelle können Kunden und Geschäftspartnern aber auch Journalisten und den eigenen Mitarbeitern mühelos zur Verfügung gestellt werden.
Durch Newsletter und Serviceleistungen findet eine Pflege und Bindung des bestehenden Kundenstamms statt. Zudem besteht die Möglichkeit der wechselseitigen Kommunikation mittels E-Mails, Weblog oder Diskussionsforen. Der Dialog zu Kunden und Geschäftspartnern kann so angeregt und gefördert werden.

Transaktion und Koordination

In einem weiteren Schritt ist die Website ein Mittel der Transaktion und Koordination. Das Berufsbild des Architekten erfährt seit einigen Jahren einen grundlegenden Wandel. Architekten sind nicht mehr ausschließlich Gestalter, sondern koordinieren auch den immer komplexer werdenden Planungs- und Bauprozess.
Das Internet bietet für diese Anforderungen Virtuelle Projekträume an, die die Kommunikation mit allen Projektbeteiligten optimieren. Die elektronische Projektsteuerung und -überwachung ermöglicht dem Architekten so einen optimalen Austauschprozess mit Bauherren, Bauunternehmen, Baustoffhändlern sowie mit Fachingenieuren und Verwaltungen. Zudem kann die interne Koordination des Büros über ein Intranet stattfinden.

Das Internet als Basismedium für Architekten

Auch als Basismedium stellt das Internet einen wichtigen Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit dar. Durch die Anzahl der Zugriffe auf eine Internetseite kann abgelesen werden, wann das Interesse an öffentlichen Auftritten des Büro wie hoch ist. Viele Architekturbüros berichten, dass nach gewonnen Wettbewerben, einem Bericht in der Tagespresse, einer Ausstellung oder Vorträgen die Zugriffe auf die Homepage rasant ansteigen. An der Besucherzahl einer Website kann also abgelesen werden, welches Interesse in der Öffentlichkeit geweckt wurde. Eine Chance, um abzuschätzen, welche Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll sind und welche auf keine Resonanz stoßen.
Für die Gestaltung von Broschüren, Flyern oder Beamerpräsentationen bietet sich die Website eines Architekturbüros in ihrem Aufbau als graphische Vorlage und die Inhalte als digitales Archiv an, auf das in besserer Qualität zurückgegriffen werden kann.
Zudem kann auf der eigenen Website und in Form von Newslettern auf Veranstaltungen oder Veröffentlichungen des eigenen Büros aufmerksam gemacht werden und in Vernetzung mit anderen Websites über den eigenen Kunden- und Bekanntenkreis hinaus geworben werden.

Die Pionierzeiten sind vorbei

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass eine Website eine günstige und sinnvolle Ergänzung des Öffentlichkeitsauftrittes eines Architekturbüros darstellt und über vielfältige Möglichkeiten verfügt, die individuell eingesetzt werden können. Erfolgreich ist eine Website allerdings nur dann, wenn überzeugende Angebote für den Nutzer vorliegen. Die Pionierzeit des Internets ist vorbei. Heute sucht der Nutzer seine Internetseiten gezielt nach dem Informationsgehalt, dem Serviceangebot und dem Unterhaltungsgrad aus. Veraltete, langsame oder schlecht handhabbare Websites schaden mehr, als dass sie nutzen. Aus diesem Grund sollte man die Gestaltung einer eigenen Internetseite auf Ziel und Zielgruppe abstimmen und sich genau überlegen, welche Eigenschaften des Büros vermittelt werden sollen. Ein Gebäude repräsentiert das Ergebnis einer Arbeit, eine Website bietet die Möglichkeit zu zeigen wie man arbeitet, eine Chance, die man nutzen sollte.

* Ergebnis einer Umfrage von 224 Architekturbüros im Rahmen der Masterthese „Der Website-Ratgeber für Architekten“, Masterstudiengang Architektur Media Management, Fachhochschule Bochum, 2005

Über die Autorin

Dipl.−Ing./MA Mirca Loh, Jahrgang 1980, lebt in Basel und arbeitet hauptberuflich als Stadtplanerin im Hochbau- und Planungsamt des Kantons Basel-Stadt. Sie studierte Stadtplanung an der Gesamthochschule Kassel und vertiefte anschließend ihr Wissen im Bereich Architekturkommunikation an der Fachhochschule Bochum. Im Rahmen des Masterstudiengangs Architektur Media Management spezialisierte sie sich mit ihrer Abschlussarbeit auf das Thema „Architekten im Internet“ und verfasste das Konzept für einen Websiteratgeber für Architekten.

E-Mail-Kontakt: mirca.loh(at)gmx.de

13.01.2009

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